Die erste Kutsche ohne Pferde – also das allererste Automobil – wurde vor knapp 130 Jahren von Berta, der Frau des Erfinders Carl Benz, auf der damaligen Langstrecke (90 km) Mannheim – Pforzheim gefahren. Die ersten "Kutschen ohne Kutscher" hingegen werden seit einiger Zeit auf US-Highways, insbesondere in Nevada und Kalifornien, ausprobiert. Eine ganze Reihe von Herstellern, darunter Mercedes und Volkswagen, tummelt sich inzwischen mit ihren hochautomatisierten bis autonomen Pkw auf amerikanischen Autobahnen.

Während im Wüstenstaat Nevada Kraftfahrzeuge bereits ohne Bedienung durch einen Fahrer – quasi als Roboterautos ohne Lenkrad und Pedale – unterwegs sein dürfen, muss auf der A 9 zwischen München und Nürnberg jedenfalls noch ein Mensch am Steuer sitzen und aufs Bremspedal treten können. Auf diesem deutschen "Digitalen Testfeld Autobahn" können Industrie und Forschung die neuen Systeme und Technologien erproben. In den USA, speziell in manchen Bundesstaaten, ist verkehrsrechtlich hingegen so manches (mehr) zulässig, was bei uns (noch) nicht geht.

Diesen revolutionären, technisch realisierbaren Neuerungen standen bis vor kurzem, und stehen teils heute noch, vor allem rechtliche Hürden im Weg. Eine kürzlich wirksam gewordene Novellierung der Art. 8 und 13 des internationalen Straßenverkehrsübereinkommens von 1968, auch Wiener Weltabkommen genannt, soll es nun ermöglichen, die vorrangigen Rechtsprobleme vermindern bzw. beseitigen zu helfen. Um es jedoch vorwegzunehmen: Für robotergesteuerte Autos, ganz ohne Fahrer, reicht diese Abkommensänderung in Europa noch nicht aus.

Welche UN-, EU- und deutschen Verkehrsregelungen werden hiervon berührt? Die im Herbst 2014 beschlossenen Aktualisierungen des Wiener Übereinkommens sind am 23.3.2016 in Kraft getreten. Bereits drei Wochen später, am 13. April, hat das Bundeskabinett den Beschluss gefasst, dem vom zuständigen Verkehrsminister vorgelegten Gesetzentwurf zur Umsetzung des novellierten völkerrechtlichen Vertrags in deutsches Recht zuzustimmen. Minister Dobrindt bezeichnete bei dieser Gelegenheit das automatisierte Fahren als "die größte Mobilitätsrevolution seit der Erfindung des Autos". Die Abkommensänderungen werden sich über UN/ECE-Regelungen (R 79) und EU-Richtlinien (insbesondere 2007/46/EG) auch auf deutsche Verkehrszulassungs- und Verhaltensvorschriften (StVZO, FZV, StVO etc.) auswirken, ebenso auf hiesiges Haftungs-, Versicherungs- und Strafrecht. Die Umsetzung in deutsches Verkehrsrecht wird aber sicher nicht vor 2017 wirksam werden.

Ist automatisiertes Fahren verkehrssicherer? Straßenverkehrssicherheit ist ein Thema, das von der EU-Kommission und auch vom Bundesverkehrsministerium seit langem – zu Recht und mit Nachdruck – propagiert wird. Schließlich kamen 1990 noch über 70.000 Personen im europäischen Straßenverkehr ums Leben. Inzwischen hat sich diese Zahl – trotz höheren Fahrzeugaufkommens – auf etwa 26.000 verringert. Allerdings wurden 2015 allein in Deutschland rund 390.000 Verkehrsteilnehmer verletzt. Während bei uns 43 Personen pro eine Million Einwohner bei Unfällen im vergangenen Jahr starben, waren es in der EU durchschnittlich fast 52 (in den USA hingegen 106, weltweit sogar 174 Verkehrstote pro 1 Million Bewohner). In Europa kamen im Übrigen nur 7 % der Verkehrsopfer auf den relativ sicheren Autobahnen ums Leben, die anderen auf Landstraßen und innerorts. Die in Amerika mit hoch- oder vollautomatisierten Autos zurückgelegten mehr als zwei Millionen Testmeilen haben bemerkenswerterweise nur zu etwa einem Dutzend (überwiegend fremdverschuldeten) Bagatellunfällen geführt.

Die Haftung für Unfälle mit führerlosen Pkw ist ein spannendes Thema. Statistisch gesehen ist der Mensch beim derzeitigen Unfallgeschehen immer noch der größte Unsicherheitsfaktor: Vier von fünf Verkehrsunfälle beruhen auf menschlichem Versagen! Laut Pressemitteilung der EU-Kommission vom März dieses Jahres wird die Sicherheit im Straßenverkehr in Zukunft jedoch besonders durch die Fahrzeugautomatisierung beträchtlich verbessert werden.

Fehlverhalten des Fahrers führt bekanntlich nach dem geltenden Deliktsrecht und dem Straßenverkehrsgesetz zu dessen Verantwortlichkeit als Schadensverursacher. Der Halter hat aufgrund der Betriebsgefahr des Kraftfahrzeugs nach Gefährdungshaftungsgrundsätzen für Unfallschäden aufzukommen. Hinter beiden steht der Kfz-Haftpflichtversicherer, gegen den sich der Direktanspruch des Geschädigten richtet. Nicht zu vergessen ist die etwaige Produkthaftung des Fahrzeugherstellers in entsprechenden Fällen.

Und wie sieht es mit der Schadenshaftung beim automatisierten bzw. autonomen Fahren aus? Hier kommt es insbesondere auf den Automatisierungsgrad an, der in mehrere Stufen eingeteilt wird (vollumfänglich vom Fahrer gesteuertes bis fahrerloses Kraftfahrzeug). Unabhängig davon wird die Kfz-Haftpflichtversicherung nach wie vor obligatorisch und eintrittspflichtig sein. Bei der Kaskoversicherung sollte der Halter auch künftig davon ausgehen können, dass sog. Fa...

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