Rz. 745

Grundsätzlich steht dem Kommanditisten in einer Publikumsgesellschaft auch bei Vorliegen anderer wichtiger Gründe ohne gesellschaftsvertragliche Bestimmung ein außerordentliches Kündigungsrecht zu.[1] Jedoch gibt nicht jeder wichtige Grund i. S. d. § 133 HGB die Möglichkeit, fristlos zu kündigen.[2] So hat der BGH entschieden, dass die Unerreichbarkeit des Gesellschaftszwecks wegen eines inzwischen eingetretenen finanziellen Zusammenbruchs der Gesellschaft zwar ein wichtiger Grund i. S. d. § 133 HGB ist und somit einem Kommanditisten die Möglichkeit gibt, die Gesellschaft per Auflösungsklage gemäß §§ 133, 161 Abs. 2 HGB zu beenden. Dieser Grund gibt dem Kommanditisten aber kein außerordentliches Kündigungsrecht, da er alle Gesellschafter gleichermaßen trifft.[3] Billigte man dem einzelnen Gesellschafter auch hier ein außerordentliches Kündigungsrecht zu, würde dies bedeuten, dass praktisch jeder Kommanditist das Recht und die Möglichkeit hätte, durch einfache Kündigung aus der Gesellschaft auszuscheiden. "Das wiederum würde eine allgemeine Flucht aus der Gesellschaft begünstigen und dazu führen, dass die Last und Verantwortung für die etwa notwendig werdende Liquidation der Gesellschaft und das damit verbundene Risiko den jeweils verbleibenden Gesellschaftern aufgebürdet würde, die nicht weniger als der Kündigende von dem Auflösungsgrund betroffen sind. Das aber wäre unbillig und stünde im Widerspruch dazu, dass der einzelne Gesellschafter mit seinem Beitritt in die Gesellschaft mit den übrigen Gesellschaftern eine Risikogemeinschaft eingegangen ist."[4]

 

Rz. 746

Unter besonderen Umständen hat der BGH einzelnen Kommanditisten auch im Fall der Unerreichbarkeit des Gesellschaftszwecks ein außerordentliches Kündigungsrecht zugestanden: Wenn die Gesellschafter mit einer für die Änderung des Gesellschaftsvertrages erforderlichen Mehrheit beschließen, das Gesellschaftsverhältnis mit neuer Zweckrichtung und neuen Beitragsverpflichtungen fortzusetzen, und sich damit gegen die an sich nahe liegende und angebrachte Auflösung der Gesellschaft entscheiden, haben die überstimmten Gesellschafter ein Recht zur fristlosen Kündigung, sofern sie nicht ausnahmsweise verpflichtet sind, einer derartigen Umgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses zuzustimmen.[5]

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