Zusammenfassung

 
Begriff

Wunsch- und Wahlrecht ist das Recht des Personensorgeberechtigten zwischen Einrichtungen und Diensten der verschiedenen Träger der Jugendhilfe zu wählen. Wünsche zur Gestaltung der Hilfe dürfen geäußert werden.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Das Wunsch- und Wahlrecht ist in § 5 SGB VIII allgemein, speziell für die Hilfe zur Erziehung und für die Eingliederungshilfe in § 36 Abs. 1 Sätze 3 bis 5 SGB VIII geregelt, ebenso für die Hilfe für junge Volljährige über § 41 Abs. 2 SGB VIII. Mit dem KJSG vom 9.6.2021 wurde in § 37c Abs. 3 Satz 2 SGB VIII das Wunsch- und Wahlrecht bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie speziell für die Auswahl der Einrichtung oder der Pflegeperson geregelt. Zusätzlich enthält § 33 Satz 2 SGB I das Wunschrecht für alle Sozialleistungsbereiche.

Das Wunsch- und Wahlrecht besteht ausschließlich für den Leistungsberechtigten, nicht für den Leistungserbringer (Niedersächs. OVG, Beschluss v. 2.9.2010, 4 LA 176/09). Der Leistungsberechtigte kann sich einen Leistungserbringer auswählen.

Das Wunsch-und Wahlrecht bezieht sich nur auf den Leistungserbringer, nicht aber auf die Hilfeart. Ein Kind kann daher nicht nach § 24 Abs. 2 SGB VIII zwischen Tageseinrichtung und Tagespflege wählen (ebenso Niedersächs. OVG, Beschluss v. 19.12.2018, 10 ME 395/18; anders aber wohl OVG NRW, Beschluss v. 29.1.2020, 12B 655/19).

1 Verbindlichkeit

Der Wahl und dem Wunsch "soll" entsprochen werden. Dies bedeutet, dass ihm entsprochen werden muss, es sei denn, es liegt ein atypischer Einzelfall vor. Für diesen bestünde dann Ermessen. Bei den Hilfen nach §§ 27, 35a und 41 SGB VIII ist dem Wunsch zu entsprechen.

2 Grenzen

Erste Grenze ist die Angemessenheit des Wunsches. Diese Grenze ergibt sich aus § 33 Satz 2 SGB I i. V. m. § 37 Satz 2 SGB I.

Eine weitere Grenze sind die unverhältnismäßigen Mehrkosten.[1] Zu prüfen sind zunächst die Mehrkosten gegenüber den durchschnittlichen Kosten der Hilfe im örtlichen und überörtlichen Bereich des Trägers. Erfordert die Hilfe danach Mehrkosten, ist weiter zu prüfen, ob diese Mehrkosten unverhältnismäßig sind. Die Unverhältnismäßigkeit der Mehrkosten ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen der Bedeutung des Wunsches einerseits und den überdurchschnittlichen Kosten andererseits.[2]

Eine dritte Grenze ergibt sich für den Wunsch, in einer bestimmten Einrichtung untergebracht zu werden. Besteht mit dieser Einrichtung keine Leistungs- und Entgeltvereinbarung nach § 78 SGB VIII, soll dieser Wahl nicht entsprochen werden. Es sei denn, die Hilfe ist gerade in dieser Einrichtung nach Maßgabe des Hilfeplans im Einzelfall geboten.[3]

3 Hinweispflicht

Die Leistungsberechtigten sind auf ihr Wunsch- und Wahlrecht ausdrücklich hinzuweisen.[1]

4 Trägerwahl

Aus dem inhaltlichen und systematischen Zusammenhang des Wunsch- und Wahlrechts mit dem Subsidiaritätsprinzip[1] folgt, dass es sich nur auf die Wahl freier gemeinnütziger, nicht aber privat-gewerblicher Träger bezieht.[2]

[2] OVG Hamburg, Urteil v. 22.4.2008, 4 Bf 104/06; VG Stuttgart , Urteil v. 3.12.2003, 7 K 714/03.

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