Infolge der Entscheidung des BGH zur Nichtigkeit sog. "Zitterbeschlüsse"[1] wurde Reformbedarf laut, der in einer ersten Gesetzesinitiative 2004 mündete. Dieser erste Regierungsentwurf erwies sich als wenig brauchbar. Ein neuer Diskussionsentwurf ebnete dann den Weg zu einer umfassenden Reform des WEG im Jahr 2007. Wiederum grundlegend geändert wurde das Wohnungseigentumsgesetz durch das am 1.12.2020 in Kraft getretene WEMoG.

Der Gesetzgeber hatte mit seiner Reform aus dem Jahr 2007 zunächst die Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft auch gesetzlich anerkannt. Sie bezieht sich auf den gesamten Bereich der Verwaltung einschließlich der "Verwaltung des Gebrauchs" des Gemeinschaftseigentums. Da im Zuge des WEMoG die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums nicht mehr den Wohnungseigentümern obliegt, sondern der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, ist diese einer Vollrechtsfähigkeit weiter angenähert worden. Das Verwaltungsvermögen bzw. Gemeinschaftsvermögen ist der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zugeordnet und im Übrigen unabhängig vom jeweiligen Mitgliederbestand. Die Wohnungseigentümer haften teilschuldnerisch für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft. Jeder der Wohnungseigentümer haftet also Gläubigern der Gemeinschaft gegenüber unmittelbar der Höhe nach anteilig beschränkt auf seinen Miteigentumsanteil. Wohnungseigentümer müssen also damit rechnen, dass sie neben oder statt der Gemeinschaft für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft von Gläubigern in Anspruch genommen werden. Daneben wird für aufgrund Verkaufs ihres Sondereigentums ausgeschiedene Wohnungseigentümer entsprechend § 160 HGB eine zeitlich auf 5 Jahre begrenzte Nachhaftung angeordnet. Im Übrigen hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, dass die Gemeinschaft nicht insolvenzfähig ist. Das Recht zur Ausübung der Entziehung des Wohnungseigentums liegt ebenfalls bei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

 
Hinweis

Erweiterte Beschlusskompetenzen

In äußerst praxisrelevanten Bereichen – insbesondere der Kostenverteilung – wurde den Wohnungseigentümern eine erweiterte Beschlusskompetenz zugesprochen.

Bereits die WEG-Reform 2007 hatte den Wohnungseigentümern die Möglichkeit eingeräumt, den gesetzlichen oder hiervon abweichend vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel für Betriebs- und Verwaltungskosten durch Mehrheitsbeschluss abzuändern. Eine Kostenverteilungsänderung bezüglich Erhaltungsmaßnahmen war auf einen konkreten Einzelfall beschränkt und hatte einer doppelt qualifizierten Mehrheit bedurft. Seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 können auch die Kosten von Erhaltungsmaßnahmen abweichend vom gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel durch einfach-mehrheitlichen Beschluss abgeändert werden. Gegenüber der alten Rechtslage können insoweit auch Dauerregelungen getroffen werden. So ist es beispielsweise möglich, die Kosten der Erhaltung von Außenfenstern, die sich im Bereich einer Wohnung befinden, dem betreffenden Wohnungseigentümer aufzuerlegen.

Bauliche Veränderungen erfordern zwingend eine entsprechende Beschlussfassung in der Wohnungseigentümerversammlung oder im Umlaufverfahren des § 23 Abs. 3 WEG. Entgegen der Rechtslage vor Inkrafttreten des WEMoG ist nicht mehr Voraussetzung, dass sämtliche von der baulichen Veränderung beeinträchtigten Wohnungseigentümer dem Beschlussgegenstand zustimmen. Grundsätzlich werden auch bauliche Veränderungen einfach-mehrheitlich beschlossen. Grenzen setzt nunmehr § 20 Abs. 4 WEG lediglich insoweit, als die bauliche Veränderung nicht zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage oder einer unbilligen Benachteiligung einzelner Wohnungseigentümer gegenüber anderen Wohnungseigentümern führen darf. Im Übrigen haben die Wohnungseigentümer nach § 20 Abs. 2 WEG nunmehr einen Anspruch auf privilegierte Maßnahmen baulicher Veränderungen. So kann jeder Wohnungseigentümer angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die der Barrierefreiheit, dem Laden von E-Mobilen, dem Einbruchsschutz und dem Anschluss an das Glasfasernetz dienen.

Zur weiteren Erleichterung der Willensbildung innerhalb der Gemeinschaften war das Zustimmungserfordernis der Grundpfandrechts- und Reallastgläubiger zu Vereinbarungen bereits im Zuge der WEG-Reform 2007 auf die Begründung, Änderung, Übertragung und Aufhebung von Sondernutzungsrechten beschränkt worden.

 
Hinweis

Beschlusskompetenz bei Fälligkeits- und Verzugsregelungen

Darüber hinaus haben die Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 3 WEG eine Beschlusskompetenz zur Regelung der Fälligkeit der Hausgelder und der Art und Weise ihrer Zahlung. Die ursprünglich mit der WEG-Reform 2007 verliehenen weiteren Beschlusskompetenzen zur Regelung des Verzugs mit Zahlungsverpflichtungen der Wohnungseigentümer sowie zur Erhebung besonderer Benutzungs- und Verwaltungsgebühren wie beispielsweise Umzugskostenpauschalen kennt das Wohnungseigentumsgesetz seit 1.12.2020 nicht mehr. Da keine Beschlusskompetenz mehr besteht, haben Altbeschlüsse keine Wirkung mehr.

Mittels Mehrheitsbeschlusses können die Wohnungse...

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