Leitsatz

Für die wirksame Begründung durch Grundbucheintragung ist es unerheblich, dass die Abgeschlossenheitsbescheinigung die Appartements einer Hotelanlage als zu Wohnzwecken dienend bezeichnet, obwohl sie keine eigene Kochgelegenheit haben und kein Wohnungseigentum bilden, sondern nur teileigentumsfähig sind.

In einer Hotelanlage, deren Appartements als Teileigentum veräußert werden, können die zum Restaurant gehörenden Räume Gegenstand von Sondereigentum sein.

 

Normenkette

WEG § 5

 

Das Problem

  1. Eine Wohnungseigentumsanlage ist nach einer Teilungserklärung eine Hotelanlage mit 88 "Einheiten". Nach der Teilungserklärung gibt es 87 Wohnungseigentumsrechte – unter anderem das Wohnungseigentum Nr. 1. Die Wohnungseigentumsrechte sind jeweils beschrieben als Zimmer mit Flur sowie Bad und WC. Ein eigenständiges Teileigentum – die "Einheit" Nr. 88 – bilden die Servicebereiche des Hotels wie Restaurants, Küche, Lager, Konferenz- sowie Kellerräume. Keinem Sondereigentum zugewiesen sind die Gänge zu den Zimmern, die Treppenhäuser sowie das Foyer mit Bar und Rezeption.
  2. Wohnungseigentümer K regt im Jahr 2013 beim Grundbuchamt an, für das Wohnungseigentum Nr. 1 – dies steht in seinem Eigentum – einen Widerspruch einzutragen. Sondereigentum an den Räumen sei wegen sich widersprechender Erklärungsinhalte nicht entstanden. In Bezug auf das Teileigentum Nr. 88 bemängelt K, das Sondereigentum umfasse notwendige Gemeinschaftsflächen (Räume) im Sinne von § 5 Abs. 2 WEG. Im Jahr 2016 macht K diese Einwände erneut geltend. Die Bildung des Wohnungseigentums Nr. 1 verstoße gegen das gesetzliche Gebot der Abgeschlossenheit und sei deshalb nichtig. Es handle sich tatsächlich nur um "Zimmer". Die Abgeschlossenheitsbescheinigung sei rechtswidrig. Die Teilungserklärung weise Wohnungseigentum aus, der Aufteilungsplan hingegen "Zimmer". Die Beschreibung stimme mithin nicht überein, ohne dass eine der Erklärungen vorrangig wäre.
  3. Das Grundbuchamt behandelt das Schreiben als Beschwerde und weist diese ab. An Hotelzimmern könne Sondereigentum begründet werden. Eine Abgeschlossenheitsbescheinigung liege vor; an der Abgeschlossenheit sei nicht zu zweifeln. Zutreffend sei indes, dass die Blattaufschrift mit "Wohnungseigentum" unzutreffend sei und in "Teileigentum" berichtigt werden müsse. Das sei aber für das Bestehen des Sondereigentums unschädlich. Gegen diesen Beschluss geht K vor. Er meint weiterhin, es existiere kein Sondereigentum, weil zwischen Teilungserklärung und Aufteilungsplan ein Widerspruch bestehe. Bei der Wohnungseigentumsanlage handle es sich im Übrigen um eine "Schrottimmobilie", der Erwerbsvorgang sei nichtig. Der Kaufpreis sei überhöht gewesen, der Kaufgegenstand ("Zimmer") nicht vertragsgemäß. Vermeintliches Wohnungseigentum sei nur vorgetäuscht worden. An gemeinschaftlichem Eigentum fehle es ganz: Dies sei das eingetragene Teileigentum, das die übrigen 88 Erwerber mitbezahlt hätten. Seine Ehefrau und er seien seit Jahren Schikanen des "Initiators" ausgesetzt. Schon die ursprüngliche Begründung der Bauherrengemeinschaft sei unwirksam gewesen. Die im Grundbuch vollzogene Auflassung sei durch Grundbuchberichtigung "rückabzuwickeln".
 

Die Entscheidung

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das Wohnungseigentum Nr. 1

  1. Es bestehe am Wohnungseigentum Nr. 1 nicht bloß ein isolierter Miteigentumsanteil; vielmehr sei der Anteil wirksam mit Sondereigentum verbunden worden. Der Inhalt des Eintragungsvermerks im entsprechenden Grundbuchblatt (§ 7 Abs. 1 WEG) betreffe das Sondereigentum "an Nr. 1" laut Aufteilungsplan und nehme zu Gegenstand und Inhalt auf die Bewilligung Bezug (§ 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG). Insoweit bestehe eine doppelte Bezugnahme, was bedeute, dass nicht nur die Teilungserklärung, sondern auch der Aufteilungsplan das Sondereigentum beschreibe. Stimmten beide nicht überein, sei zwar keiner der sich widersprechenden Erklärungen vorrangig und kein Sondereigentum, sondern gemeinschaftliches Eigentum entstanden (Hinweis unter anderem auf OLG München v. 27.6.2012, 34 Wx 71/12, ZWE 2012 S. 487). Ein derartiger Widerspruch bestehe im Fall aber nicht.
  2. Die Teilungserklärung bezeichne das Sondereigentum neutral als "Einheit" – also ohne Funktionsbezeichnung der davon umfassten Räume. Im Aufteilungsplan sei die mit Nr. 1 bezeichnete Raumeinheit nach Lage und Größe individualisiert und gegenüber dem anderen Sondereigentum sowie dem gemeinschaftlichen Eigentum abgegrenzt. Soweit die Räume der Einheit im Aufteilungsplan mit "Zimmer", "Flur" und "Bad/WC" bezeichnet seien, werde hiermit nicht die Nutzungsmöglichkeit geregelt; denn eine derartige Funktion komme dem Aufteilungsplan nicht zu. Für die wirksame Begründung durch Grundbucheintragung sei es auch unerheblich, dass die Bescheinigung des Landratsamts die im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichneten Räume "als zu Wohnzwecken dienend" bezeichne, die entsprechenden Ausstattungsmerkmale aber nicht gegeben seien und Appartements ohne eigene Kochgelegenheit in einer Hotelanlage kein Wohnungseigentum bilde...

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