7.1 "Normalfall"

Will der Mieter das Mietverhältnis ordentlich kündigen, liegen die Dinge denkbar einfach: Er hat stets eine Kündigungsfrist von knapp 3 Monaten zu beachten – unabhängig von der Dauer des Mietverhältnisses. Die maßgebliche Bestimmung des § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB regelt für die Mieterkündigung, dass diese spätestens am 3. Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig ist.

Will hingegen der Vermieter wegen eines berechtigten Interesses das Mietverhältnis gemäß § 573 BGB ordentlich kündigen, gilt für ihn die knappe 3-Monats-Frist nur innerhalb der ersten 5 Jahre des Mietverhältnisses. Die Kündigungsfrist verlängert sich für den Vermieter gemäß § 573c Abs. 1 Satz 2 BGB nach 5 und 8 Jahren seit Überlassung des Wohnraums um jeweils 3 Monate.

 
Praxis-Beispiel

Mietverhältnis besteht seit 9 Jahren

Besteht das Mietverhältnis seit 9 Jahren, hat der Vermieter eine Kündigungsfrist von knapp 9 Monaten zu beachten.

Für Mieter und Vermieter gelten nach Ablauf von 5 Jahren also asymmetrische Kündigungsfristen.

7.1.1 Bedeutung der Kündigungsfrist

Bei der Kündigungsfrist handelt es sich um den Zeitraum zwischen dem Kündigungstag und dem Kündigungstermin. Beide sind gesetzlich in der Bestimmung des § 573c Abs. 1 BGB geregelt. Beim Kündigungstag handelt es sich um den Tag, an dem die Kündigung dem Mieter oder Vermieter spätestens zugegangen sein muss. Dies ist der 3. Werktag eines Monats. Der Kündigungstermin ist der letzte Tag des übernächsten Monats.

 
Praxis-Beispiel

Berechnung der Kündigungsfrist

Das Mietverhältnis besteht seit 2 Jahren. Wegen ständig unpünktlicher Mietzahlung will der Vermieter das Mietverhältnis im August 2023 ordentlich kündigen. Die Kündigung muss dem Mieter bis spätestens 3.8.2023 zugegangen sein. Der 3.8. stellt also den Kündigungstag dar. Das Mietverhältnis endet mit Ablauf des 31.10.2023. Der 31.10. ist also der Kündigungstermin. Der Zeitraum zwischen dem 3.8. und dem 31.10.2023 stellt die Kündigungsfrist dar.

7.1.2 Asymmetrische Kündigungsfristen

Während der ersten 5 Jahre seit Überlassung der Mietsache ist die 3-Monatsfrist sowohl für Kündigungen des Mieters als auch für Kündigungen des Vermieters maßgeblich. Nach Ablauf dieses Zeitraums verlängert sich die Kündigungsfrist zugunsten des Mieters:

  • Der Vermieter hat nach Ablauf dieses Zeitraums eine Kündigungsfrist von zusätzlichen 3 Monaten zu beachten. Die Frist für Vermieterkündigungen beträgt dann also knapp 6 Monate.
  • Nach Ablauf von 8 Jahren seit Überlassung der Mietsache muss der Vermieter eine dann nochmals um 3 Monate verlängerte Kündigungsfrist beachten. Die Kündigungsfrist beträgt dann knapp 9 Monate.

Maßgeblich ist stets der Zeitpunkt der "Überlassung" der Mietsache.

 

Verfrühte Schlüsselübergabe

Beispiel:

Mieter und Vermieter schließen am 1.9.2023 den Mietvertrag und unterzeichnen das Vertragsformular. Das Mietverhältnis soll am 1.10.2023 beginnen. Die Schlüssel zum Objekt händigt der Vermieter dem Mieter bereits am 15.9.2023 aus, da dieser einige Renovierungsarbeiten ausführen möchte.

Zeitpunkt der Schlüsselübergabe ist entscheidend!

Sollte der Vermieter das Mietverhältnis ordentlich kündigen wollen, hat er ab dem 15.9.2028 die um 3 Monate verlängerte Kündigungsfrist zu beachten. Es kommt also für den Zeitpunkt der Fristverlängerung nicht auf das Datum der Vertragsunterzeichnung an und auch nicht auf den vertraglich vereinbarten Mietbeginn. Allein maßgeblich ist der Zeitpunkt der Überlassung der Mietsache durch Schlüsselübergabe.[1] Unerheblich ist auch, ob der Mieter zu diesem Zeitpunkt tatsächlich das Mietobjekt bezieht.

Die verlängerten Kündigungsfristen hat der Vermieter auch dann zu beachten, wenn sich im Laufe des Mietverhältnisses Änderungen ergeben haben. Unerheblich ist insbesondere, wenn

  • die Vertragsparteien Vertragsänderungen vorgenommen haben. Umstritten ist allerdings, ob ein Wohnungswechsel innerhalb des Hauses des Vermieters als einheitlicher Überlassungsvorgang angesehen werden kann;
  • ein Wechsel in der Person des Vermieters eintritt. Der rechtsgeschäftliche Erwerber übernimmt das bestehende Mietverhältnis gemäß § 566 BGB, Entsprechendes gilt für den Ersteher in der Zwangsversteigerung gemäß § 57 ZVG;
  • ein Wechsel in der Person des Mieters infolge Versterbens des Mieters gemäß § 563 BGB eintritt. Wird das Mietverhältnis gemäß § 564 BGB mit dem Erben fortgesetzt, gilt dies allerdings nur, wenn der Erbe die Wohnung bewohnt hat.
 

Keine Anrechnung eines Untermietverhältnisses

Zugunsten des Mieters ist nicht die Zeit zu berücksichtigen, in der er als Untermieter in der Wohnung gelebt hat.

Beispiel:

Der Vermieter hat im Jahr 2016 mit dem Mieter ein Mietverhältnis über eine Wohnung begründet. Im laufenden Jahr hat der Mieter die Wohnung dann an seine Schwester untervermietet. Im Jahr 2021 kündigt der Mieter den Mietvertrag. Schwester und Vermieter schließen einen neuen Mietvertrag. Will der Vermieter das Mietverhältnis nun im Jahr 2023 kündigen, muss er nur die 3-monatige Grundkündigungsfrist beachten. Zwar hat die Schwester bereits seit 7 Jahren in der Wohnung gelebt, dies ist aber unerheblich, da ...

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