Leitsatz

Die Ermittlung einer im Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche richtet sich - soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben oder eine andere Berechnungsweise ortsüblich ist - nach den für den preisgebundenen Wohnraum im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags maßgeblichen Bestimmungen. Sind hiernach für die Flächenermittlungen die Bestimmungen der II. Berechnungsverordnung maßgeblich, können Grundflächen von Balkonen, Loggien, Dachgärten und gedeckten Freisitzen unabhängig von ihrer Lage, Ausrichtung und Nutzbarkeit bis zur Hälfte angerechnet werden.

 

Fakten:

Die Parteien streiten darüber, ob die zur Maisonettewohnung gehörenden Dachterrassen in die Wohnfläche jeweils mit einem Viertel oder mit der Hälfte ihrer Fläche einzurechnen sind. Im Mietvertrag, der 2003 geschlossen wurde, ist die Größe der Wohnung mit "zirka 120 m²" angegeben. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Wohnfläche der Innenräume 90,11 m² beträgt. Die Dachterrasse in der unteren Etage hat eine Grundfläche von 25,2 m², die in der oberen Etage der Wohnung von 20 m². Der Mieter meint, es liege ein Mangel vor. Der BGH folgt dem nicht. Hier liegt kein Mietmangel vor. Ist die tatsächliche Wohnfläche um mehr als zehn Prozent geringer als die im Mietvertrag angegebene, liegt ein zur Minderung berechtigender Mietmangel vor. Das gilt auch dann, wenn der Mietvertrag nur eine "zirka"-Angabe enthält. Eine ausdrückliche Vereinbarung, mit welchem Anteil beziehungsweise welcher Quadratmeterzahl die beiden Dachterrassen der vermieteten Wohnung in die Gesamtwohnfläche einzurechnen sind, haben die Parteien nicht getroffen. Die Parteien hatten keine Vereinbarung darüber getroffen, welcher Berechnungsmodus gelten soll. Der Begriff der "Wohnfläche" im Wohnraummietrecht ist auch bei frei finanziertem Wohnraum grundsätzlich anhand der für preisgebundenen Wohnraum geltenden Bestimmungen auszulegen. Nach § 44 Abs. 2 II. BV können die Grundflächen von ausschließlich zur Wohnung gehörenden Balkonen, Loggien, Dachgärten und gedeckten Freisitzen zur Ermittlung der Wohnfläche bis zur Hälfte angerechnet werden. Die Bestimmung überlässt es dem Bauherrn, die für ihn günstigste Anrechnungsquote bis zur Hälfte zu wählen. Den Vermieter tri auch keine Hinweispflicht nach Treu und Glauben, wenn er Außenflächen mit einem "überdurchschnittlich hohen" Prozentsatz von mehr als 25 Prozent angesetzt hat. Einen solchen Mittelwert gibt es nach der II. BV nicht. Die Anrechnung der Außenflächen ist jedoch dann auf ein Viertel begrenzt, wenn diese Berechnung ortsüblich ist.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 22.04.2009, VIII ZR 86/08BGH, Urteil vom 22.4.2009 – VIII ZR 86/08

Fazit:

Nach welchen Regelungen die Wohnfläche zu berechnen ist, richtet sich nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags. Für Verträge vor 2004 werden die §§ 42-44 II. BV zugrunde gelegt, für die Verträge danach gilt die Wohnflächenverordnung. Nach der alten Regelung konnte der Vermieter in größerem Umfang selbst bestimmen. Eine Staffelung der Anrechnung nach Lage, Ausrichtung oder Nutzbarkeit anrechenbarer Außenflächen sieht § 44 Abs. 2 II. BV nicht vor. Vielmehr konnte der Bauherr ohne Rücksicht auf diese Gesichtspunkte eine Anrechnung bis zur Hälfte der Flächen wählen, wenn ihm dies zur Erreichung einer möglichst hohen Förderung zweckmäßig erschien. Seit 2004 regelt die Wohnflächenverordnung die Berechnung der Wohnfläche und sieht Mittelwerte - zum Beispiel für Balkone et cetera einen Faktor von 0,25 - vor, von denen bei Vorliegen bestimmter Kriterien, etwa besondere Lage, abgewichen werden kann, bei Balkonen beispielsweise bis zum Faktor 0,5.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge