Leitsatz

Die Wohnungseigentümer haben eine Beschlusskompetenz, die Fortgeltung eines konkreten Wirtschaftsplans zu beschließen, bis über einen neuen Wirtschaftsplan beschlossen wird. Ein Beschluss, der die generelle Fortgeltung aller zukünftig beschlossenen Wirtschaftspläne anordnen wolle, ist hingegen nichtig.

 

Normenkette

WEG § 28 Abs. 1

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentümer genehmigen den Wirtschaftsplan 2015 und beschließen daneben dessen Fortgeltung bis zur Beschlussfassung eines neuen Wirtschaftsplans. Das Amtsgericht meint, der Beschluss sei nicht nichtig. Den Wohnungseigentümern habe nicht die Beschlusskompetenz gefehlt. Nach zutreffender Ansicht könne eine generelle Regelung, wonach jeder beschlossene Wirtschaftsplan bis zum Beschluss über einen neuen Wirtschaftsplan fortgelten solle, zwar nur durch Vereinbarung bestimmt werden. Mit dem streitgegenständlichen Beschluss werde jedoch lediglich die Fortgeltung im Einzelfall angeordnet. Im Wege der Auslegung ergebe sich, dass der für das Jahr 2015 beschlossene Wirtschaftsplan über den Ablauf des (Wirtschafts-)Jahres 2015 hinaus gelten solle, und zwar bedingt für den Fall, dass noch kein neuer Wirtschaftsplan beschlossen worden sei und zeitlich beschränkt bis dieser in Kraft gesetzt sei. Der Beschluss hebe die sich sowohl aus dem Gesetz als auch aus der Teilungserklärung ergebende Pflicht zur alljährlichen Aufstellung von Wirtschaftsplänen nicht auf, sondern sichere für die Zeit zwischen Ablauf eines Wirtschaftsjahres und Beschlussfassung des Folgeplanes die Möglichkeit, von den Wohnungseigentümern Vorschüsse auf die laufenden Kosten der Verwaltung abzufordern.
  2. Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung. Wann und bei welcher Gelegenheit die Beschlussfassung über einen neuen Wirtschaftsplan vorgesehen sei und erfolgen werde, lasse der Beschluss offen. Dies führe dazu, dass die Beschlussfassung eine zeitlich uneingeschränkte Fortgeltung des Wirtschaftsplans 2015 beinhalte. Eine uneingeschränkte Fortgeltung des Wirtschaftsplans stehe im Widerspruch zu § 28 Abs. 1 WEG und einer Regelung in der Gemeinschaftsordnung. Den Wohnungseigentümern fehle die Kompetenz, von diesen Regelungen abzuweichen. Auch sei der Wortlaut hinsichtlich der Fortgeltung des Wirtschaftsplans nicht eindeutig. Der Beschluss sei mithin xinhaltlich unklar und widerspreche daher jedenfalls ordnungsgemäßer Verwaltung.
 

Die Entscheidung

Die Berufung hat keinen Erfolg! Der Beschluss sei nicht nichtig. Es gebe eine Beschlusskompetenz, die Fortgeltung eines konkreten Wirtschaftsplans zu beschließen, bis über einen neuen Wirtschaftsplan beschlossen wird.

  1. Ein Beschluss, der unabhängig von einem konkreten Wirtschaftsplan generell die Fortgeltung eines jeden Wirtschaftsplans – bis zur "Verabschiedung" eines neuen – zum Gegenstand habe, sei mangels Beschlusskompetenz allerdings nichtig. Wirksam sei aber ein Beschluss über die Fortgeltung eines konkreten Wirtschaftsplans bis zur Beschlussfassung über den nächsten Wirtschaftsplan.
  2. Der angegriffene Beschluss beziehe sich nur auf die Fortgeltung des konkreten Wirtschaftsplans 2015 und beinhalte nicht die generelle Fortgeltung aller zukünftig beschlossenen Wirtschaftspläne. Das sei nicht zu beanstanden. Die Wohnungseigentümer seien nämlich auch nicht gehindert, zu beschließen, dass die Fortgeltung des konkreten Wirtschaftsplans gelten solle, bis ein neuer Wirtschaftsplan beschlossen werde. Da es zur Vermeidung von Liquiditätslücken geboten sei, dass stets ein gültiger Wirtschaftsplan vorhanden sei, entspreche es grundsätzlich auch ordnungsgemäßer Verwaltung, einen Wirtschaftsplan mit dem Zusatz zu beschließen, dass er bis zur Beschlussfassung über den nächsten Plan gelte (Hinweis u.a. auf OLG Düsseldorf v. 2.6.2003, I-3 Wx 75/03, NZM 2003 S. 854, KG Berlin v. 27.2.2002, 24 W 16/02, NJW 2002 S. 3482, Rn. 13 und AG München v. 27.5.2014, 484 C 29336/13 WEG, ZMR 2015 S. 163).
  3. Die Kammer teile insoweit nicht die in der Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretene Auffassung, wonach ein Beschluss über die Fortgeltung des Wirtschaftsplans immer nur bis zur nächsten ordentlichen Versammlung gelten könne und ein Beschluss über eine Fortgeltung eines konkreten Wirtschaftsplans bis zur Beschlussfassung über einen neuen Wirtschaftsplan mangels Beschlusskompetenz nichtig sei (Hinweis u.a. auf LG Itzehoe v. 17.9.2013, 11 S 93/12, ZMR 2014 S. 144, AG Hamburg-Blankenese v. 1.4.2015, 539 V 26/14, ZMR 2017 S. 98 und Jennißen in Jennißen, WEG, 5. Auflage, § 28 Rn. 47 und 63a).
  4. Aus § 28 Abs. 5 WEG folge die Kompetenz, auch die Fortgeltung des konkreten Wirtschaftsplans bis zur Beschlussfassung über einen neuen Wirtschaftsplan zu beschließen. Durch einen solchen Beschluss würden die Wohnungseigentümer nicht grundsätzlich von der jährlichen Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan gemäß § 28 Abs. 1 WEG entbunden. Ein unbefristeter Fortgeltungsbeschluss wirke sich nicht auf eine entsprechende, aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung abgeleitete Pflicht aus. Er sorge ledig...

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