Nach dem dualen System des § 28 Abs. 1  WEG sind die Einzelwirtschaftspläne von erheblicher Bedeutung für die Finanzverfassung der Gemeinschaft. Letztlich nämlich ergeben sich die nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG zu beschließenden Vorschüsse gerade aus den Einzelwirtschaftsplänen.

Vermag man einen Verzicht auf die Erstellung von Einzelwirtschaftsplänen ausnahmsweise dann tolerieren, wenn sich der auf den jeweiligen Wohnungseigentümer entfallende Hausgeldanteil ohne Weiteres errechnen lässt, wäre Voraussetzung hierfür jedoch, dass innerhalb der Gemeinschaft sämtliche Kostenpositionen nach einem einheitlichen Schlüssel umgelegt werden. Wird auch nur eine einzige Kostenposition abweichend verteilt, ist ein Verzicht auf die Vorlage auch der Einzelwirtschaftspläne im Rahmen der Beschlussfassung nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG definitiv nicht möglich.

 

Kein Risiko eingehen!

Auch wenn nach Auffassung des Gesetzgebers Mängel am Rechenwerk eine Anfechtungsklage nicht begründen können, sind die Einzelwirtschaftspläne für die Festsetzung der Vorschüsse unverzichtbar und können letztlich durch Leistungsklage durchgesetzt werden.

Auch eine jahrelang geübte Praxis, auf die Erstellung von Einzelwirtschaftsplänen zu verzichten, führt nicht zur Verwirkung des Anfechtungsrechts eines Wohnungseigentümers. Denn eine Verwirkung durch treuwidriges Verhalten in Form des Unterlassens der Anfechtung früherer Wirtschaftspläne scheitert am Umstandsmoment. Genauso wenig sind die Wohnungseigentümer durch ihr früheres Verhalten nunmehr und für die Zukunft gebunden.[1]

Im Einzelwirtschaftsplan werden jeweils die Einnahmen und Ausgaben entsprechend des geltenden – gesetzlichen oder abweichend hiervon vereinbarten oder auch auf Grundlage von § 16 Abs. 2 Satz 1 oder Satz 2 WEG beschlossenen – Kostenverteilungsschlüssels auf die Wohnungseigentümer umgelegt.

 

Achtung: Fehlerhafte Kostenverteilung

Die Anwendung eines fehlerhaften Kostenverteilungsschlüssels führt selbstverständlich zur Anfechtbarkeit des Beschlusses über die Festlegung der Hausgeldvorschüsse nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG. Bezüglich den der Gemeinschaft auferlegten Verfahrenskosten hat diese einen entsprechenden materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter. Im Verfahren gegen den Verwalter würde die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats vertreten oder aber durch einen nach § 9b Abs. 2 WEG als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter bestellten Wohnungseigentümer.[2]

 

Kostenbefreiung

Haben die Wohnungseigentümer im Hinblick auf eine Maßnahme der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums auf Grundlage von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG eine Kostenbefreiung einzelner Wohnungseigentümer beschlossen, ist dies bei Erstellung des Wirtschaftsplans zu berücksichtigen. Die Kostenanteile der nicht befreiten Wohnungseigentümer erhöhen sich dann entsprechend.

Beispiel zu einer Kostenbefreiung

Eine Wohnanlage besteht aus 10 Einheiten. 5 von ihnen verfügen über einen Balkon. Die Balkone sind sanierungsbedürftig. Die Wohnungseigentümer haben im Herbst eine Sanierung für das kommende Frühjahr zu einem Kostenaufwand von 15.000 EUR beschlossen. Die Finanzierung soll aus den laufenden Hausgeldern erfolgen. Gleichzeitig wurde beschlossen, dass kostentragungsverpflichtet nur die Balkoneigentümer sein sollen.

Hier ist also bei der Erstellung der Einzelwirtschaftspläne zu beachten, dass die Eigentümer, die keinen Balkon haben, nicht mit Kosten belastet werden. Gleichzeitig erhöhen sich die von den Balkoneigentümern zu tragenden Kosten entsprechend, was in ihren Einzelwirtschaftsplänen zu berücksichtigen ist. Bei einer Kostenverteilung nach Objekten müssen diese also mit jeweils 3.000 EUR belastet werden.

 

Einzelwirtschaftsplan für jede Sondereigentumseinheit erstellen!

Einzelwirtschaftspläne sind in Ermangelung einer abweichenden Vereinbarung stets für jede Sondereigentumseinheit zu erstellen.[3] Sind wie häufig Wohnungseigentumseinheiten vorhanden und daneben noch Teileigentumseinheiten in Form von Garagen oder Tiefgaragenstellplätzen, sind sowohl für die Wohnungen als auch die Garagen bzw. Stellplätze gesonderte Wirtschaftspläne zu erstellen, auch wenn die Garagen bzw. Stellplätze ebenfalls im Eigentum einzelner Wohnungseigentümer stehen. Einzelwirtschaftspläne können auch nicht nach Köpfen zusammengefasst werden.[4]

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