Leitsatz

Die Zustimmung zum dinglichen Rechtsgeschäft kann bis zum Eingang des Umschreibungsantrags beim Grundbuchamt auch dann widerrufen werden, wenn die Zustimmung zum schuldrechtlichen Vertrag wirksam erteilt war.

 

Normenkette

WEG § 12

 

Das Problem

  1. In einer Wohnungseigentumsanlage ist eine Veräußerungsbeschränkung vereinbart (zustimmen muss der Verwalter). Im März 2016 verkauft Wohnungseigentümer B sein Wohnungseigentum an die X-GmbH. Zu deren Gunsten wird im Juni 2016 eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen. Im Mai 2016 stimmt Verwalter V der Veräußerung vor dem Urkundsnotar zu. Mit Faxschreiben vom Juli 2016 an den Notar widerruft V diese Zustimmung allerdings wieder. Eine Abschrift faxt er am gleichen Tag auch dem Grundbuchamt. Im September 2016 beantragt der Notar für B und die X-GmbH die Umschreibung. Das Grundbuchamt meint, es fehle an einer Verwalterzustimmung. Der Verwalter könne seine Zustimmung gemäß § 878 BGB so lange widerrufen, bis der Antrag auf Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt eingegangen und damit bindend geworden sei. Auch zur Vollendung des dinglichen Rechtsgeschäfts bedürfe es der Verwalterzustimmung; diese sei jedoch nach § 183 Satz 1 BGB widerrufen worden.
  2. Dagegen wenden sich die B und die X-GmbH mit der Beschwerde. Der Verwalter könne nach einer einmal wirksam erteilten Zustimmung zum schuldrechtlichen Kaufvertrag die Zustimmung zum dinglichen Geschäft nicht mehr widerrufen. Es handele sich um eine einheitlich erteilte Zustimmung zu 2 Rechtsgeschäften, die untrennbar sei. Mit Eingang der Zustimmung beim Notar sei der Kaufvertrag wirksam und der Verkäufer zur Auflassung verpflichtet gewesen, denn Verträge seien schließlich einzuhalten. Auch sei nicht einzusehen, weshalb dem Verwalter die Möglichkeit eines Widerrufs einzuräumen sei.
 

Die Entscheidung

Die Beschwerde hat keinen Erfolg! Auch nach Ansicht des Oberlandesgerichts fehlt die Verwalterzustimmung.

Allgemeines zur Veräußerungsbeschränkung

  1. Nach § 12 WEG könne als Inhalt des Sondereigentums vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten, etwa des Verwalters, bedarf. Im Fall einer solchen Vereinbarung seien eine Veräußerung des Wohnungseigentums und ein Vertrag, durch den sich der Wohnungseigentümer zu einer solchen Veräußerung verpflichtet, unwirksam, solange nicht die erforderliche Zustimmung erteilt sei.
  2. Wegen des mit dinglicher Wirkung vereinbarten und im Grundbuch eingetragenen Zustimmungserfordernisses nach § 12 Abs. 1 WEG sei die an die materiell-rechtliche Verfügungsbefugnis anknüpfende verfahrensrechtliche Bewilligungsbefugnis (§ 19 GBO) des Wohnungs- bzw. Teileigentümers zur rechtsgeschäftlichen Übertragung des Rechts eingeschränkt. Dies habe das Grundbuchamt von Amts wegen zu beachten.

Fehlende Zustimmung

  1. Mit der formgerecht vorliegenden Erklärung des Verwalters aus dem Mai 2016 sei zwar nachgewiesen, dass die erforderliche Zustimmung zunächst erteilt worden sei. Der Verwalter habe die Zustimmung indes wirksam widerrufen. Nach dem Wortlaut von § 12 Abs. 3 WEG sei die Verwalterzustimmung sowohl für den schuldrechtlichen, als auch den dinglichen Vertrag relevant. Hätte der Gesetzgeber das Zustimmungserfordernis nach § 12 Abs. 1 WEG nicht als Verfügungsbeschränkung, sondern als bloße Fungibilitätsbeschränkung gewollt, wäre die Zustimmung allein zum Verpflichtungsgeschäft als Voraussetzung der Übertragbarkeit ausreichend gewesen. Eine Zustimmung zum Verpflichtungsgeschäft würde diesem nämlich dann schon die erforderliche Wirksamkeit verleihen. Dass die Zustimmung jedoch nach dem Gesetzeswortlaut des § 12 Abs. 1 WEG gerade die Veräußerung selbst erst wirksam mache, spreche dafür, dass der Gesetzgeber eine Verfügungsbeschränkung normiert habe. Die Vorverlagerung der Wirksamkeit der Verfügung schon bei wirksam erteilter Zustimmung zum schuldrechtlichen Vertrag würde zu einer Durchbrechung des Abstraktionsprinzips führen. Der Gesichtspunkt der Unmöglichkeit (§ 275 BGB) erfordere es nicht, den Gleichlauf zwischen dinglichem und schuldrechtlichem Geschäft durch eine Koppelung an den schuldrechtlichen Vertrag herbeizuführen. Diesen Gleichlauf stelle vielmehr das Gesetz selbst her; denn bei einem Widerruf der Zustimmung zur Veräußerung seien nach § 12 Abs 3 WEG diese und der schuldrechtliche Vertrag unwirksam. Darauf, dass die erteilte Zustimmung zum schuldrechtlichen Vertrag nach § 183 Abs. 1 BGB nicht widerrufbar sei, komme es daher nicht an.
  2. Da die Zustimmung als Einwilligung gemäß § 183 Satz 1 BGB frei widerruflich gewesen sei, sei der per Faxschreiben dem Notar und dem Grundbuchamt zugegangene Widerruf formgerecht erklärt worden. Damit fehle es derzeit am notwendigen Nachweis der Verwalterzustimmung.
 

Kommentar

Anmerkung

Ob die Zustimmung des Verwalters widerruflich ist, ist umstritten:

  • Eine im Vordringen befindliche Meinung geht von einer Unwiderruflichkeit schon nach wirksam erteilter Zustimmung zum schuldrechtlichen Rechtsge...

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