Normenkette

§ 10 Abs. 1 S. 2 WEG, § 14 Nr. 1, 2 WEG, § 15 Abs. 3 WEG, § 226 BGB, § 242 BGB, § 276 BGB, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB

 

Kommentar

1. Der Anspruch, die Nutzung eines in der Teilungserklärung als Laden ausgewiesenen Teileigentums als Gaststätte ("Kneipe") zu unterlassen, kann auch dann gegen den betreffenden Teileigentümer geltend gemacht werden, wenn das Teileigentum vermietet/verpachtet ist (h.R.M.). Vorliegend war 1985 bestandskräftig beschlossen worden, dass in dem besagten Teileigentum Speisen und Getränke aller Art zum sofortigen Verzehr während der üblichen Ladenöffnungszeiten nach Ladenschlussgesetz abgegeben werden dürften und dass diese Tätigkeit bis 21 Uhr ausgeübt werden dürfe. In der Folgezeit wurde das Teileigentum allerdings als "Kneipe" betrieben mit Öffnungszeit von 20 Uhr bis weit nach Mitternacht (erhebliche Lärmstörungen durch laute Musik und Stimmengewirr).

2. Auch von Schikane bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des gestellten Unterlassungsanspruchs sowie von Anspruchsverwirkung konnte vorliegend nicht ausgegangen werden. Verwirkung setzt im Übrigen voraus, dass seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Rechts als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen (h.M., vgl. z.B. BayObLG, WM 93, 558). Da es bereits 1989 ruhestörende Lärmbelästigungen und entsprechende Beanstandungen gegeben habe, käme auch Anspruchsverwirkung nicht in Betracht.

3. Der entsprechende Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB (in Verbindung mit § 15 Abs. 3 WEG) kann auch als Individualanspruch von jedem einzelnen Eigentümer, also ohne Ermächtigung durch die übrigen Eigentümer, gerichtlich geltend gemacht werden (h.R.M.).

4. Die Bezeichnung eines Teileigentums in der Teilungserklärung als Laden stellt eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter dar (ebenfalls h.R.M.). Erweitert wurde allerdings die Nutzungsmöglichkeit durch hier bestandskräftig gewordenen Eigentümerbeschluss aus dem Jahr 1985 (Gestattung, Speisen und Getränke zum sofortigen Verzehr im Rahmen eines Feinkostgeschäftes abzugeben, jedoch längstens bis 21 Uhr). Im vorliegenden Fall hielt sich die Nutzung nicht im Rahmen der Vereinbarungen und der genannten Beschlussfassung.

5. Die Nutzung eines Teileigentums durch einen Mieter/Pächter entgegen Vereinbarungen und Beschlüssen der Eigentümer kann zu Schadenersatzverpflichtungen des vermietenden/verpachtenden Teileigentümers führen. Ansprüche ergeben sich hier aus § 14 Nr. 1 und Nr. 2 WEG. Schuldhafte Verletzung der sich aus § 14 ergebenden Pflichten kann also Schadenersatzansprüche begründen ( § 276 BGB; BayObLG, NJW-RR 1994, 718; Palandt/Bassenge, BGB 56. Aufl. § 14 WEG Rn. 14 und § 15 WEG Rn. 27, jeweils m.w.N.). Der Gebrauch eines Sondereigentums, der nicht in Übereinstimmung mit Vereinbarungen und Beschlüssen der Eigentümer steht, stellt eine das Maß des § 14 Nr. 1 WEG übersteigende und damit unzulässige und zum Schadenersatz verpflichtende Nutzung dar, worauf sich jeder Eigentümer berufen kann.

Vorliegend wurde der Mietminderungsanspruch des Mieters eines anderen Wohnungseigentümers aufgrund der nächtlichen Störungen als Schadenersatzanspruch überwiegend als begründet erachtet.

6. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswertansatz für diese Instanz von DM 10.600,-.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 23.05.1997, 2Z BR 44/97)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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