Leitsatz

Kein Wettbüro in einem als Laden zweckbestimmten Teileigentum

 

Normenkette

§ 15 WEG; § 1004 BGB

 

Kommentar

  1. Die Unterlassungsklage der Gemeinschaft gegen den entsprechenden Teileigentümer und Verpächter des als Wettbüro betriebenen Ladens hatte Erfolg. Die vereinbarte Zweckbestimmung als Laden rechtfertigt nicht den Betrieb eines Internetshops/Wettbüros. Dabei kann auch ein Pächter aus seinem Pachtvertrag nicht mehr Rechte bezüglich seiner Nutzung ableiten, als sie dem Verpächter und Teileigentümer zustehen.
  2. Was Nutzungsarten eines Ladengeschäfts betrifft, ist zwar nicht jede abweichende Nutzung verboten; nicht gestattet sind aber Nutzungsarten, die mehr stören als die benannte Nutzungsart. Insoweit ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten, die auch Beweiserhebung zu den konkreten Umständen des Einzelfalls dann nicht erforderlich macht, wenn davon auszugehen ist, dass die Nutzung eines solchen Teileigentumsladens als Wettbüro schon im Hinblick auf Geräusch- und Geruchsbelästigungen durch Rauch seitens dortiger Kunden erheblich mehr stört als die in einem Ladengeschäft. In Wettbüros werden Wetten kommentiert, was zu sehr intensiven Geräuschimmissionen im und vor dem Geschäft führt, zumal in den Räumlichkeiten auch Übertragungen von Sportveranstaltungen stattfinden. Insoweit ist in solchen Nutzungsfragen auch die Prägung durch die unmittelbare Umgebung des Geschäfts zu berücksichtigen. Vorliegend ging es um einen "sensiblen Standort", da es sich um ein allgemeines Wohngebiet mit Schule, Kindergarten, Kirche und Geschäften im näheren Umfeld handelte. Auch das Sicherheitsgefühl der Anwohner ist bei einer solchen Eigentumsnutzung beeinträchtigt und stört deshalb regelmäßig mehr als der Betrieb eines Ladens, in dem Kunden ihre Einkäufe erledigen und sodann die Geschäftsräume wieder verlassen. Beim Betrieb eines Wettbüros ist auch mit einer nicht unerheblichen Zahl abhängiger Spieler zu rechnen, die zum Kundenkreis gehören und für entsprechende Frequenz dort sorgen. Mit einem Lottogeschäft ist ein solches Büro nicht vergleichbar.
Anmerkung

Ähnlich wie bei Gaststättennutzungen mit Spielautomaten könnte sich auch hier eine andere Rechtsauffassung begründen lassen. Stets ist in solchen Fällen allerdings auf den konkreten Einzelfall abzustellen. Vorliegend war das Wettbüro auch an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen mit Öffnungszeiten zum Teil bis Mitternacht geöffnet; viele Kunden hielten sich diskutierend vor dem Ladengeschäft auf. Wenn in früherer Rechtsprechung des BayObLG Läden als Einzelhandelsgeschäfte nach dem Einzelhandelsgesetz mit Warenverkauf über Ladentisch und – früher auch – unter Einhaltung gesetzlicher Ladenschlusszeiten definiert wurde, so erscheint auch unter Anwendung dieser Kriterien die Entscheidung des AG München durchaus vertretbar (auch in typisierender, d.h. objektivierender Betrachtungsweise hinsichtlich eines konkreten Störpotenzials).

 

Link zur Entscheidung

AG München, Urteil vom 18.04.2012, 482 C 24227/11

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