6.1 Typologie des Verwaltervertrags

Nach bislang geltender Rechtslage sind Partner des Verwaltervertrags der Verwalter und die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Hieran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Nach herrschender Meinung handelt es sich beim Verwaltervertrag um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, nämlich der Wohnungseigentümer.[1] Der "Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter" ist gesetzlich nicht geregelt, längst aber von der Rechtsprechung als eigenständiger Vertragstyp anerkannt. Voraussetzung ist zunächst neben einem wirksamen Vertragsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner eine unbedingte Leistungsnähe des Dritten. Der Dritte muss folglich mit der Leistung in Berührung kommen und den Gefahren einer Pflichtverletzung gleichermaßen ausgesetzt sein wie der direkte Vertragspartner. Übertragen auf den Verwaltervertrag, fungiert die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Gläubigerin, der Verwalter als Schuldner. Da die Wohnungseigentümer der Leistung des Verwalters und den Gefahren einer Pflichtverletzung durch den Verwalter ebenso ausgesetzt sind wie die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, ist die erforderliche unbedingte Leistungsnähe gegeben. Auch nach dem künftig geltenden Haftungssystem besteht seitens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein eigenes, berechtigtes Schutzinteresse gegenüber den Wohnungseigentümern.

 
Praxis-Beispiel

Verzögerte Sanierung von Feuchtigkeitsschäden

In der Sondereigentumseinheit eines Wohnungseigentümers sind im Bereich des Gemeinschaftseigentums massive Feuchtigkeitsschäden vorhanden. Es ist sowohl der Sanierungsumfang geklärt, als auch ein Beschluss über die Sanierung gefasst. Mit seiner Umsetzung lässt sich der Verwalter allerdings 2 Jahre Zeit, sodass die Wohnung mittlerweile unbewohnbar ist und der Wohnungseigentümer Mietausfälle zu beklagen hat.

Regressansprüche

Würde man dem so geschädigten Wohnungseigentümer einen Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter verwehren, müsste er die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Anspruch nehmen. In diesem Fall sind 2 Aspekte zu betrachten:

  1. Könnte nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Anspruch genommen werden, müsste sich der geschädigte Wohnungseigentümer den auf ihn im Innenverhältnis entfallenden Schadensanteil anspruchsmindernd entgegenhalten lassen, obwohl ihn gar kein Verschulden trifft, er vielmehr der Geschädigte ist.
  2. Könnte nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Anspruch genommen werden, wären die übrigen Wohnungseigentümer im Innenverhältnis zum Schadensersatz verpflichtet, obwohl sie gar kein Verschulden an den eingetretenen Schäden trifft.

Freilich hätte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bei einer Inanspruchnahme durch den geschädigten Wohnungseigentümer einen Regressanspruch gegen den Verwalter.

Diese derzeit noch geltende Rechtslage soll sich im Zuge des WEMoG nicht ändern. Zwar ist gemäß § 18 Abs. 1 WEG n. F. ausschließlich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zuständig. Allerdings regelt § 43 Abs. 2 Nr. 3 WEG n. F. den ausschließlichen Gerichtsstand bezüglich (Schadensersatz-)Ansprüchen der Wohnungseigentümer gegen den Verwalter. Auch künftig handelt es sich zumindest nach den Plänen des Gesetzgebers beim Verwaltervertrag um einen solchen mit Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer.[2]

Auch wenn dies dogmatisch kaum herleitbar ist, hat der Gesetzgeber neben der entsprechenden Begründung seinen Willen auch in § 43 Abs. 2 Nr. 3 WEG n. F. zum Ausdruck gebracht.

Grundsätzlich aber kann der Verwalter ausschließlich direkt geschädigten Wohnungseigentümern gegenüber haften. Dies können einzelne oder eine Gruppe von Wohnungseigentümern sein. Kein direkter bzw. individueller Schadensersatzanspruch besteht hingegen im Fall der Schädigung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, sei es, dass der Verwalter durch sein Verschulden Verfahrenskosten provoziert, sei es, dass er unter Überschreitung seiner Befugnisse im Innenverhältnis seine Rechtsmacht im Außenverhältnis überschreitet und so das Gemeinschaftsvermögen geschädigt wird. Individualansprüche der Wohnungseigentümer bestehen insoweit nicht, weil primär Geschädigte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Inhaberin des Gemeinschaftsvermögens ist.

6.2 Inhalte des Verwaltervertrags

6.2.1 Grundsätze

Wie bereits ausgeführt, verleiht § 9b Abs. 1 WEG n. F. dem Verwalter im Außenverhältnis – mit Ausnahme von Grundstückskauf- und Darlehensverträgen – unbeschränkbare Vertretungsbefugnisse.[1] Darüber hinaus wird dem Verwalter gem. § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG n. F. eine völlig konturenlose Geschäftsführungsbefugnis verliehen, die ihn im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung ermächtigt, selbstständig Maßnahmen untergeordneter Bedeutung zu ergreifen, die nicht zu erheblichen Verpflichtungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer führen.[2]

 

Was Verwalter in Zukun...

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