Leitsatz

  1. Ordnungsamt darf von WEG-Verwalter hinsichtlich der in der gemeinschaftlichen Tiefgarage befindlichen, seitlich durch Gitter und nach vorne durch Stahltore abgeschlossenen, im Sondereigentum stehenden Garagenboxen fordern,

    1. dass die Tore in geöffneter Position festgestellt werden
    2. und dass die in den Boxen gelagerten brennbaren Gegenstände und Materialien entfernt und zukünftig dauerhaft von unzulässigem Lagergut freigehalten werden
  2. Der WEG-Verwalter kann insoweit als Störer durch Ordnungsverfügung in Anspruch genommen werden, da er ein selbstständiges Recht zur Beseitigung von Störungen der öffentlichen Sicherheit besitzt und die erforderlichen Maßnahmen aufgrund seiner Handlungsbefugnis treffen muss
 

Normenkette

§§ 17 Abs. 1, 51, 61 Abs. 1 BauO-NRW; §§ 24, 39 VwVfG-NRW; §§ 114 Satz 2, 154 Abs. 1 VwGO; § 18 Abs. 4 Satz 1 GarVO; §§ 122 Abs. 4 Satz 1, 134 Abs. 4 Satz 1 Sonderbau-VO v. 17.11.2009, GV NRW S. 682; § 27 Abs. 1 Nr. 2 und 3 WEG

 

Kommentar

1.

Zum Sachverhalt:

In der Tiefgarage der Gemeinschaft befinden sich 65 im Sondereigentum stehende Stellplätze, die seitlich durch Gitterwände und auf der Vorderseite jeweils von einem verschließbaren Metalltor abgegrenzt sind. Die ursprünglich im Jahr 1978 bzw. 1980 genehmigten Stellplätze wurden offensichtlich bereits im Zuge der Errichtung der Garagen –ungenehmigt– in dieser Boxenform erstellt. In einigen Garagen stellte das Ordnungsamt die Lagerung brennbarer Stoffe fest. Die Bauaufsichtsbehörde erließ daraufhin im Mai 2010 eine Ordnungsverfügung gegen den WEG-Verwalter. Er sollte dafür sorgen, dass die Tore zu den Boxen in der Tiefgarage dauerhaft in geöffnete Position gebracht und die dort gelagerten, brennbaren Gegenstände und Materialien entfernt werden. In der Verfügung wurde auch die sofortige Vollziehung angeordnet. Eine zusätzliche Zwangsgeldandrohung wurde allerdings später aufgehoben (mit insoweit erfolgter Hauptsacheerledigung des Verfahrens durch die Beteiligten). Die klagende Verwalterin beantragte die Aufhebung der Ordnungsverfügung vom Mai 2010. Das VG Düsseldorf hat diesen Antrag zurückgewiesen, aber die Berufung zugelassen.

2. Aus den Gründen der Entscheidung:
2.1 Im Brandfall müssten zum Löschmitteleinsatz die Löcher in den Stahltoren nicht nur einen Durchmesser von 5 cm aufweisen, sondern mindestens eine Öffnung von 9 x 9 cm haben. Geschlossene Garagentore behinderten auch im Brandfall ganz erheblich die schnelle Lokalisierung des Brandherds und das gezielte Löschen eines Brands. Die Abtrennung der Boxen durch Gitter und Tore sei auch nicht Gegenstand der früher erteilten Baugenehmigungen und Planzeichnungen gewesen. Ein WEG-Verwalter ist insoweit nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG für die ordnungsgemäße Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zuständig und kann deshalb nach geltender öffentlich-rechtlicher Rechtsprechung als Störer zur Durchführung geforderter Maßnahmen in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch im Fall von Sondereigentum, da im Brandfall die gesamte gemeinschaftliche Anlage gefährdet sei. Eine Inanspruchnahme der einzelnen Sondereigentümer führe zu einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand. Sie sei auch für die Beseitigung einer Gefahr nicht zweckmäßig, da eine Vielzahl von Einzelverfügungen zu unterschiedlichen Zeiten der Bestandskraft und auch Durchsetzung zu unterschiedlichen Zeitpunkten führe, ebenso zur Notwendigkeit zahlreicher Kontrollen. Eine stets bestehende Gefahrenabwehr sei unbedingt erforderlich, sodass auch unzulässig gelagerte Gegenstände unverzüglich und einheitlich beseitigt werden müssten, um weitere Gefährdungen der gesamten Tiefgarage im Fall des Ausbruchs eines Brandes auszuschließen. Statt Austausch aller Tore müssten diese mindestens mit Löchern von 9 x 9 cm versehen werden.
2.2 Nach Bauordnungsrecht in Nordrhein-Westfalen haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Nutzung baulicher Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Nach § 18 Abs. 4 Satz 1 der Garagenverordnung dürfen in Mittel- und Großgaragen insbesondere brennbare Stoffe außerhalb von Kraftfahrzeugen nicht aufbewahrt werden. Vorsorglich kann in einer Verfügung für alle Garagenboxen ein entsprechendes Entfernungsgebot brennbarer Gegenstände und anschließendes Lagerungsverbot ausgesprochen werden. Die hier erlassene Ordnungsverfügung genügt auch öffentlich-rechtlichen Bestimmtheitsgeboten. Von der Entfernung ausgenommen sind allenfalls Fahrradträger, Dachgepäckträger, Anhängerkupplungen, Sommer- bzw. Winterreifen etc.; auch Fahrräder dürfen in Garagenboxen abgestellt werden. Die Ordnungsverfügung ist deshalb nicht wegen tatsächlicher Unmöglichkeit der Befolgung nichtig, sondern materiell rechtmäßig.
2.3 Auch die Tore wurden illegal eingebaut. Dass sie seit dem Erstbezug vorhanden sind, ist rechtlich ohne Bedeutung. Dass die Tore bei etwaigen früheren wiederkehrenden Prüfungen nicht beanstandet wurden, ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Verstoßen wird auch gegen die Bauordnung NRW. ...

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