Die Schiedsgerichtsbarkeit ist nicht immer unumstritten. Erinnert sei nur an die Diskussionen um das geplante TTIP-Abkommen mit den USA, das im Verdacht steht, Streitigkeiten zwischen international tätigen Konzernen der staatlichen Gerichtsbarkeit entziehen zu wollen. Auf der anderen Seite besteht aber offenbar ein erheblicher Bedarf nach praxisgerechten und schnellen Konfliktlösungen, die gerade durch die Wirtschaft in der Schiedsgerichtsbarkeit gesucht werden. Und das schon seit langer Zeit.

Dass Formen außergerichtlicher Streitschlichtung zur Lösung familiärer Konflikte geeignet sind, ist allenthalben bekannt. Gedacht wird in dem Zusammenhang aber vorwiegend an die Mediation oder die gerichtsnahe Streitschlichtung durch den Güterichter, während die Möglichkeit der Anrufung eines Schiedsgerichts zur Entscheidung über familienrechtliche Streitigkeiten eher unbekannt ist.

Nachdem sich schon vor vielen Jahren das Süddeutsche Familienschiedsgericht etabliert hatte, kam die Idee auf, auch in Norddeutschland die Dienste eines Familienschiedsgerichts anzubieten. Neben dem Norddeutschen und dem Süddeutschen Familienschiedsgericht gibt es mittlerweile eine Reihe weiterer Angebote in diese Richtung, so dass bundesweit die Möglichkeit gegeben ist, ein Familienschiedsgericht anzurufen. Allen gemeinsam ist, dass eine echte Alternative zur gerade in umfangreichen Verfahren häufig überforderten staatlichen Gerichtsbarkeit angeboten wird.

Warum sollte überhaupt ein Schiedsgericht angerufen werden? Der Vorteil des Schiedsverfahrens ist, dass zumeist erfahrene und spezialisierte Familienrechtler über besonders viel Routine verfügen, die sie in die Lage versetzt, auch rechtlich und tatsächlich schwierige Verfahren in angemessener Zeit zu lösen. Das gilt insbesondere deshalb, weil sie in der Regel von der Last der Routineverfahren befreit sind und sich den Schiedsverfahren mit großer Intensität widmen können. Hinzu kommt, dass ein solches häufig preisgünstiger ist als ein Verfahren vor staatlichen Gerichten. Zwar rechnen auch Schiedsrichter ihre Gebühren meist nach dem FamGKG, gelegentlich auch nach dem RVG ab. Es steht aber keine kostenträchtige zweite Instanz zur Verfügung.

Dieses Buch verfolgt den Zweck, den Ablauf eines Schiedsverfahrens speziell in familienrechtlichen Angelegenheiten darzulegen, von der Bildung des Schiedsgerichts über das Verfahren als solches bis hin zur kostenmäßigen Abrechnung. Die Schilderung des Ablaufs sowie eine Fülle von Praxishinweisen und Formulierungsvorschlägen sollen dem Praktiker helfen, ein für ihn eher unbekanntes Verfahren ohne größere Probleme zu führen, sowohl als Anwalt als auch aus richterlicher Sicht. Der Blickwinkel ist dabei stets auf die Besonderheiten des Familienrechts gerichtet, weshalb beispielsweise das Internationale Verfahrensrecht ausgeklammert worden ist.

Vielleicht gelingt es, mit diesem Buch die Bekanntheit des Schiedsverfahrens in Familiensachen zu fördern und die Scheu vor dem Unbekannten zu nehmen. Damit wäre nicht nur den Beteiligten und Anwälten, sondern auch den Familiengerichten geholfen, die von teils erheblichen Lasten befreit würden.

Verfasser und Verlag wären den Nutzern dieses Werkes dankbar für jede Kritik, natürlich auch für lobende Worte.

Oldenburg, im April 2016

Gerd Weinreich

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