Leitsatz

Anwaltsdienstleistungen, deren Zweck darin besteht, strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen, die Geschäftsführer eines steuerpflichtigen Unternehmens sind, zu vermeiden, eröffnen diesem Unternehmen keinen Anspruch auf Abzug der für die erbrachten Leistungen geschuldeten Umsatzsteuer als Vorsteuer.

 

Sachverhalt

Im Vorabentscheidungsersuchen des BFH v. 22.12.2011 (V R 29/10) bestand zwischen einem Geschäftsführer einer Bau GmbH, der zugleich Einzelunternehmer und Mehrheitsgesellschafter war und der GmbH eine Organschaft. Das gegen den Geschäftsführer wegen evtl. Erlangung von Bauaufträgen durch Bestechung eröffnete Strafverfahren wurde später gegen Zahlung eines Geldbetrags eingestellt. Auftraggeber des insoweit eingeschalteten Rechtsanwalts war der Geschäftsführer als Beschuldigter und die GmbH. Die Honorarvereinbarung war auf Seiten der Auftraggeber nur für die GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer unterschrieben und mit dem Firmenstempel der GmbH versehen. Aus der an die GmbH adressierten Rechnung des Rechtsanwalts machte der Geschäftsführer – als Organträger der GmbH – den Vorsteuerabzug geltend. Das Finanzamt jedoch versagte den Vorsteuerabzug, weil sich die erbrachten Leistungen nicht auf das Unternehmen bezögen.

Der BFH fragte den EuGH, ob ein Unternehmen, dessen Inhaber und Mitarbeiter sich zur Erlangung von Aufträgen möglicherweise wegen Bestechung oder Vorteilsgewährung strafbar gemacht haben, aus den zur Abwehr dieser Vorwürfe angefallenen Strafverteidigungskosten zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Nach Auffassung des EuGH dienten die Anwaltsleistungen des Ausgangsverfahrens direkt und unmittelbar dem Schutz der privaten Interessen des Geschäftsführers. Die Strafverfolgungsmaßnahmen waren nur gegen ihn persönlich und nicht gegen die GmbH gerichtet, obwohl solche Maßnahmen auch gegen Letztere rechtlich möglich gewesen wären. Die Anwaltsleistungen sind in Anbetracht ihres objektiven Inhalts daher nicht für das Unternehmen der GmbH bezogen worden.

Unerheblich ist insoweit die Bautätigkeit der GmbH als Entstehungsgrund der bezogenen Leistung bzw. dass nach dem nationalen Zivilrecht die GmbH die Kosten für die Verteidigung der Interessen ihrer Organe in einem Strafverfahren übernehmen muss.

 

Hinweis

Nach dem Urteil des FG Münster v. 26.5.2011 (5 K 1388/09 U) ist der Vorsteuerabzug für Beratungsleistungen im Zusammenhang mit strafbefreienden Erklärungen unzulässig, da sie nicht ihren ausschließlichen Grund in der vom Steuerpflichtigen ausgeübten unternehmerischen Tätigkeit als Einzelhändler haben.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil v. 21.2.2013, C-104/12.

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