Leitsatz

Die Entscheidung des OLG Oldenburg befasst sich mit den Voraussetzungen für die Bestellung eines Vormunds, wenn nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass der Betroffene bereits volljährig ist.

 

Sachverhalt

Der Antragsteller war aus Afghanistan über Griechenland nach Deutschland eingereist und hatte einen Asylantrag gestellt. Über seinen Verfahrensbevollmächtigten beantragte er die Einrichtung einer Vormundschaft und gab als Geburtsdatum den 23.8.1993 an.

Das Jugendamt hat die Übernahme der Vormundschaft abgelehnt unter Hinweis darauf, dass der Antragsteller nach dem Ergebnis einer röntgenologischen Untersuchung der Handwurzelknochen wenigstens 18 Jahre alt sei.

Das AG hat nach Einholung eines Gutachtens und Anhörung des Beteiligten eine Vormundschaft eingerichtet, weil nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden könne, dass der Antragsteller volljährig sei.

Gegen diesen Beschluss wandte sich das Jugendamt mit der Beschwerde, mit der es die Zurückweisung des Antrages, hilfsweise die Zurückverweisung des Verfahrens an das erstinstanzliche Gericht beantragt hatte.

Das Rechtsmittel hatte in der Sache insoweit Erfolg, als das Verfahren auf den Hilfsantrag des Jugendamtes an das AG zurückverwiesen wurde.

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, die Entscheidung sei verfahrensfehlerhaft aufgrund nur unzureichend festgestellter Tatsachen ergangen.

Nach § 1773 BGB könne ein Vormund nur für einen Minderjährigen bestellt werden. Ob diese Voraussetzungen gegeben seien, sei von dem Familiengericht von Amts wegen zu prüfen. Dabei habe es alle ihm zugänglichen Erkenntnisquellen auszuschöpfen. Nur in den Fällen, in denen selbst nach umfassender Ermittlung keine Feststellung möglich sei, dürfe das Gericht zugunsten des Betroffenen von seiner Minderjährigkeit ausgehen.

Diesen Voraussetzungen genüge das vorliegende Verfahren nicht. Dem Gericht habe eine ärztliche Bescheinigung vorgelegen, wonach der Betroffene wenigstens 18 Jahre alt sei. Der vom AG beauftragte Sachverständige habe in einem ausführlichen Gutachten ebenfalls ein Alter von mehr als 18 Jahren bestätigt und sogar ein Alter von mehr als 21 Jahren für wahrscheinlich gehalten. Es sei daher unerfindlich, aus welchen Gründen das Gericht trotz der sachverständigen Feststellungen noch Zweifel an der Volljährigkeit des Betroffenen habe.

Das Gericht hätte zumindest die tatsächlichen Gründe anführen müssen, auf die es diese Zweifel gestützt habe. Nur dann wäre die getroffene Entscheidung aus sich heraus nachvollziehbar.

Da die in der Sache nicht weiter begründete Entscheidung auf unterlassener Aufklärung beruhe, sei die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG zurückzuverweisen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 09.08.2010, 14 UF 110/10

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