Rz. 936

Die satzungsmäßigen Zuwendungen aus dem Vermögen von Stiftungen fallen den Bedachten/Destinatären zwar unentgeltlich, aber dennoch schenkungsteuerfrei zu, da sie nicht um der Bereicherung der Bedachten willen, sondern zur Erfüllung des Stiftungszwecks geleistet werden.[1445]

 

Rz. 937

Allerdings unterliegen die Einkünfte der Destinatäre in der Regel der Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent.[1446] Welcher Einkunftsart die Ausschüttungen einer steuerpflichtigen Stiftung zuzuordnen sind und ob es sich hierbei um Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG oder um sonstige Einkünfte i. S. d. Auffangtatbestandes des § 22 Nr. 1 Satz 2 Hs. 2 EStG handelt, war lange Zeit umstritten.[1447] Für Einkünfte, die seit dem 1.1.2009 zufließen, hat die Abgrenzung insofern an Bedeutung gewonnen, als sie darüber entscheidet, ob die Stiftungsleistungen der Abgeltungsteuer unterliegen oder dem Teileinkünfteverfahren. Für Einkünfte i. S. d. § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG gilt das Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 lit. i) EStG. Stiftungsleistungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG unterliegen hingegen dem Kapitalertragsteuerabzug (§ 43 Abs. 1 Nr. 7a EStG) i. H. v. 25 Prozent (§ 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG), der Abgeltungswirkung für die Einkommensteuer hat (§ 43 Abs. 5 EStG). Zudem spielt die Qualifikation im Hinblick auf grenzüberschreitende Stiftungsleistungen für die Einordnung unter die abkommensrechtlichen Einkunftsartikel eine Rolle.[1448]

 

Rz. 938

Einkünfte nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG sind formell subsidiär gegenüber anderen Einkunftsarten. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG ist als Spezialnorm zur Regelung der Besteuerung der Ausschüttungen von Stiftungen (und sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts) eingeführt worden.[1449] Jedenfalls, wenn die Leistungsempfänger einer Stiftung unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen können, handelt es sich nach neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung bei den Leistungen um Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG.[1450] Als solche unterliegen die Ausschüttungen der Kapitalertragsteuer (vgl. §§ 43 Abs. 1 Nr. 7a, 52 Abs. 53 EStG).

 

Rz. 939

Zweifeln an dieser Auffassung hielt der Bundesfinanzhof entgegen, dass das Erfordernis der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit in § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG nach der Gesetzesbegründung nur solche Leistungen von der Erhebung der Kapitalertragsteuer befreien wollte, denen im weitesten Sinne eine Gegenleistung des Leistungsempfängers z. B. in Form eines Mitgliedsbeitrags gegenüberstehe. Ob die Leistungsempfänger am Vermögen beteiligt seien, spiele hingegen keine Rolle. Dies ergebe sich schon aus der Aufnahme der Leistungen von "Vermögensmassen" in § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG.[1451] Unbeachtlich sei auch, ob die Destinatäre rechtlich die Stellung eines Anteilseigners innehätten. Jedenfalls wenn ihre Stellung wirtschaftlich derjenigen eines Anteilseigners entspricht,[1452] weil sie ausschließliche Nutznießer des Stiftungsvermögens und anfallsberechtigt sind und – über die Besetzung der Organe – Einfluss auf die Verwendung der Erträge der Stiftung und letztlich auch des Vermögens nehmen können, lägen Kapitaleinkünfte vor.

 

Rz. 940

Offen hat der Bundesfinanzhof die Frage gelassen, welcher Einkunftsart Ausschüttungen von Stiftungen zuzurechnen sind, wenn die oben genannten Voraussetzungen der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit nicht vorliegen, also die Destinatäre einer Familienstiftung insbesondere keinerlei Möglichkeiten der Einflussnahme auf Ausschüttungen haben. In diesem Fall sollte die Stiftung die Kapitalertragsteuer einbehalten und die Einholung einer verbindlichen Auskunft beantragen.

 

Rz. 941

Nach Auffassung des FG Schleswig-Holstein soll im Fall fehlender wirtschaftlicher Vergleichbarkeit mit den Einkünften eines Anteilseigners eine Qualifikation von Stiftungszuwendungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen ausscheiden. Nur im Fall wiederkehrender Leistungen komme dann eine Einkommensteuerpflicht im Rahmen der nicht der Abgeltungsteuer unterliegenden "sonstigen Einkünfte" (§ 22 Nr. 1 EStG) in Betracht.[1453]

 

Rz. 942

Die Kapitalertragsteuer beträgt 25 Prozent. Schuldner der Kapitalertragsteuer ist der Destinatär (§ 44 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7a). Die Familienstiftung hat bei einer Ausschüttung den Steuerabzug für Rechnung der Destinatäre vorzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 3 EStG) und bei dem Finanzamt die einbehaltene Kapitalertragsteuer anzumelden (§ 45a EStG).

 
Hinweis

Abführung der Kapitalertragsteuer

Da die steuerliche Einordnung von Zahlungen einer Familienstiftung an ihre Destinatäre nach der Rechtsprechung nicht restlos geklärt ist und von den Umständen des Einzelfalls abhängt, empfiehlt es sich in der Regel für die Familienstiftung als Haftungsschuldnerin, die Kapitalertragsteuer anzumelden und abzuführen.[1454] In Fällen, in denen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht eindeutig Kapitalerträge anzunehmen sind und in denen die Qualifizierung als sonstige Einkünfte für den ...

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