Rz. 841

Sofern die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben insgesamt 35.000 EUR im Jahr nicht übersteigen, unterliegen diese Besteuerungsgrundlagen nicht der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer (§ 64 Abs. 3 AO).

Wird die Freigrenze des § 64 Abs. 3 AO unterschritten, führt das nicht dazu, dass eine wirtschaftliche Betätigung ihren Charakter als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb verliert.[1289] Vielmehr werden die Einkünfte steuerneutral behandelt, d. h. einerseits werden Gewinne nicht versteuert, andererseits bleiben Verluste unberücksichtigt und können weder vor- noch zurückgetragen werden. Steuervergünstigungen, die nach den Einzelsteuergesetzen für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe ausgeschlossen werden (z. B. § 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 KStG), können auch bei Unterschreiten der Besteuerungsgrenze nicht in Anspruch genommen werden.[1290] Auch der Grundsatz, dass für die steuerbegünstigten Zwecke gebundene Mittel nicht für den Ausgleich von Verlusten aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben verwendet werden dürfen,[1291] hängt nicht vom Überschreiten der Freigrenze ab.[1292]

 

Rz. 842

Die Ermittlung der Einnahmen richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen der steuerlichen Gewinnermittlung.[1293] Als Einnahmen im Sinne des § 64 Abs. 3 AO sind nur die leistungsbezogenen Einnahmen aus dem laufenden Geschäft einschließlich Umsatzsteuer sowie erhaltene Anzahlungen zu verstehen.[1294] Nicht leistungsbezogen und damit im Rahmen des § 64 Abs. 3 AO nicht zu berücksichtigen sind u. a. folgende Einnahmen:

  • der Erlös aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs;
  • Betriebskostenzuschüsse sowie Zuschüsse für die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs;
  • Investitionszulagen;
  • der Zufluss von Darlehen;
  • Entnahmen i. S. d. § 4 Abs. 1 EStG;
  • die Auflösung von Rücklagen;
  • erstattete Betriebsausgaben, z. B. Gewerbe- oder Umsatzsteuer;
  • Versicherungsleistungen mit Ausnahme des Ersatzes von leistungsbezogenen Einnahmen.[1295]

Die Überprüfung, ob die Besteuerungsgrenze überschritten wurde, erfolgt jedes Jahr erneut. Wird die Besteuerungsgrenze nicht erreicht, so bedarf es keiner Feststellung des Überschusses der Einnahmen bzw. des Fehlbetrages. Um festzustellen, ob bei mehreren steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die einheitlich zu betrachten sind (§ 64 Abs. 2 AO), insgesamt dauerhaft steuerschädliche Verluste vorliegen, muss jedoch das Gesamtergebnis der wirtschaftlichen Tätigkeiten ermittelt werden.

 

Rz. 843

Die Wertermittlung zur Beurteilung, ob die Besteuerungsgrenze überschritten ist, richtet sich für die Beteiligung einer steuerbegünstigten Körperschaft an einer Personengesellschaft nach den anteiligen Einnahmen aus der Beteiligung, nicht nach dem Gewinnanteil.[1296] Erleichterungen für die Wertermittlung enthalten § 64 Abs. 5 AO für die Überschüsse aus Altmaterialsammlungen sowie § 64 Abs. 6 AO in Form einer Pauschalbesteuerung für bestimmte Tätigkeiten.[1297] Die Finanzverwaltung stellt in diesem Zusammenhang klar, dass es auf die tatsächlichen Einnahmen ankommt.[1298]

Einnahmen aus solchen sportlichen Veranstaltungen, die mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 67a AO kein Zweckbetrieb sind, sind nach bisheriger Verwaltungsauffassung in die Einnahmen i. S. d. § 64 Abs. 3 AO mit einzubeziehen.[1299] Zur Ermittlung der Einnahmen nennt der Anwendungserlass das folgende Beispiel:[1300]

 
Praxis-Beispiel

Ein Sportverein, der auf die Anwendung des § 67a Abs. 1 Satz 1 AO (Zweckbetriebsgrenze) verzichtet hat, erzielt im Jahr 01 folgende Einnahmen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben:[1301]

 
Sportliche Veranstaltungen, an denen kein bezahlter Sportler teilgenommen hat: 40.000 EUR
Sportliche Veranstaltungen, an denen bezahlte Sportler des Vereins teilgenommen haben: 20.000 EUR
Verkauf von Speisen und Getränken: 5.000 EUR

Die Einnahmen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die keine Zweckbetriebe sind, betragen 25.000 EUR (20.000 EUR + 5.000 EUR). Die Besteuerungsgrenze des § 64 Abs. 3 AO von 35.000 EUR wird nicht überschritten.

 

Rz. 844

 
Praxis-Beispiel

Neue Rechtslage seit 1.1.2013

Die Besteuerungsgrenze für sportliche Veranstaltungen wurde durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes zum 1.1.2013 auf 45.000 EUR angehoben. Zuvor betrug sie – ebenso wie die allgemeine Freigrenze des § 63 Abs. 3 AO – 35.000 EUR. Eine Einbeziehung von Einkünften aus sportlichen Veranstaltungen in die allgemeine Besteuerungsgrenze erscheint nach wie vor möglich.

 

Rz. 845

Verluste und Gewinne aus Jahren, in denen die maßgeblichen Einnahmen die Besteuerungsgrenze nicht übersteigen, bleiben bei dem Verlustabzug nach § 10d EStG außer Ansatz. Ein rück- und vortragbarer Verlust kann nur in Jahren entstehen, in denen die Einnahmen die Besteuerungsgrenze übersteigen. Dieser Verlust wird nicht für die Jahre verbraucht, in denen die Einnahmen...

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