Rz. 773

Vermögensverwaltung ist das Ziehen von Nutzungen des Vermögens, wenn auch unter Einsatz einer Tätigkeit, wohingegen ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb die Einkunftserzielung durch Betätigung, wenn auch unter Einsatz von Vermögen oder Kapital ist. Bei der Erzielung der Rendite ist daher darauf abzustellen, ob die Tätigkeit oder die bloße Nutzung des Vermögens im Vordergrund steht. Erst kürzlich hat der Bundesfinanzhof bekräftigt, dass es für die Abgrenzung von gewerblicher Tätigkeit und Vermögensverwaltung auf qualitative, nicht aber auf quantitative Kriterien (wie beispielsweise Anlagevolumen) ankommt.[1184] Die Passivität, um die Steuerfreiheit nicht zu gefährden, bedeutet jedoch nicht, dass im Rahmen der Vermögensnutzung nur die Minimalanlage im Sparbuch oder in Schuldverschreibungen möglich ist. Es sind anspruchsvolle Vermögensanlagen zulässig, auch ist eine gewisse Tätigkeit steuerunschädlich, solange sie bloßes Mittel der Vermögensanlage bleibt und nicht in den Vordergrund tritt.[1185]

 

Rz. 774

Im Rahmen der Anlage von Kapitalvermögen sind Kauf und Verkauf von Aktien zulässig. Ob auch Kauf und Verkauf von Wandelschuldverschreibungen, Bezugsrechten, die Nutzung von Wertpapiervermögen als Stillhalter (Einräumen von Optionen auf vorhandene Wertpapiere), der Abschluss von Devisen- und Zinsdifferenzgeschäften, sogenannte Wagniskapitalanlagen oder andere Beteiligungen an Kapitalgesellschaften usw. im Rahmen der Vermögensverwaltung zulässig sind, ist bisher nicht entschieden, wird jedoch zu Recht in der Literatur vertreten, denn derartige Anlagen entsprechen inzwischen dem Leitbild der bei Privatanlagen üblichen privaten Vermögensverwaltung. Für den An- und Verkauf von börsennotierten Optionsscheinen, für Termingeschäfte sowie für den Erwerb "gebrauchter" Lebensversicherungen auf dem Zweitmarkt hat der Bundesfinanzhof daher auch grundsätzlich die vermögensverwaltende Natur dieser Geschäfte bestätigt.[1186]

 

Rz. 775

Die unbefriedigende Entwicklung bei festverzinslichen Anlagen sowie die Erfahrungen mit stark volatilen Börsen werfen die Frage auf, ob und inwieweit auch Alternative Investments für das Depot einer Stiftung in Betracht kommen.[1187] Private Equity-Beteiligungen sind grundsätzlich zulässig und bei vielen größeren Stiftungen zum Teil seit Jahren üblich.[1188] Allerdings sind bei der Beteiligung an einem Venture-Capital- oder Private-Equity-Fonds die von der Finanzverwaltung aufgestellten Kriterien für die Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung vom Gewerbebetrieb zu beachten.[1189] Im Rahmen einer ausgewogenen Mischung verschiedener Anlagen sind grundsätzlich auch alternative Investments möglich. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten bei Hedgefonds dürfte auch diese Anlage zulässig sein. Die Anlage in Hedgefonds bewegt sich grundsätzlich innerhalb des Leitbilds der bei größeren privaten Vermögen heute üblichen Vermögensverwaltung.[1190] Stiftungen eine Anlage in Hedgefonds unter dem Gesichtspunkt fehlender laufender Erträge bzw. einer zu hohen Risikoneigung grundsätzlich zu verwehren, ließe die positiven, sich aus der Diversifikation ergebenden Folgen unberücksichtigt.

 

Rz. 776

Die Vermögensverwaltung muss grundsätzlich Überschüsse erzielen, die dem ideellen Bereich zugeführt werden können. Dauerverluste sind schon nach wenigen Jahren gemeinnützigkeitsschädlich. Wenn Anlagen mit hohem Verlustrisiko gewünscht werden, sollte vorher eine verbindliche Auskunft des zuständigen Finanzamts eingeholt werden. Das gilt insbesondere bei Vermögensanlagen, die sich erst nach vielen Jahren rechnen, wie z. B. Immobilien.[1191]

Auch die Verrechnung von Verlusten aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit Überschüssen aus der Vermögensverwaltung ist unzulässig.[1192]

 

Rz. 777

Die Stiftung kann sich bei der Vermögensanlage Angestellter oder anderer Personen – unabhängige externe Vermögensverwalter wie Banken oder ihre Vermögensverwaltungsgesellschaften – bedienen, was je nach Umfang des zu verwaltenden Vermögens auch unvermeidbar ist.[1193] Obwohl vom Vermögensinhaber grundsätzlich sachlich weisungsabhängig, sind ihm die Tätigkeiten dieser Personen jedoch um so weniger zuzurechnen, je loser das Verhältnis zwischen den Parteien ist. Daher ist auch die nachhaltige Tätigkeit des Vermögensverwalters, dem insgesamt aber eine gewisse Selbstständigkeit und Unabhängigkeit für seine Tätigkeit zusteht, der Stiftung nicht als eigene Tätigkeit zuzurechnen. Es ist daher unschädlich, wenn diese über die bloße Vermögensnutzung hinausgeht.

[1185] Vgl. Escher/Richter, in Farkas-Richling/Fischer/Richter (Hrsg.), Private Banking und Family Office, S. 535, 568 f.
[1187] Zum Beispiel hat die Yale Stiftung, die mit ihrer Anlagepolitik sehr erfolgreich ist, einen Großteil ihres...

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