Rz. 677

Vorweggenommene Erbfolge ist "die Übertragung des Vermögens (oder eines wesentlichen Teils davon) durch den (künftigen) Erblasser auf einen oder mehrere als (künftige) Erben in Aussicht genommene Empfänger".[1] Eine vollzogene vorweggenommene Erbfolge steht also einem Generationswechsel gleich.

Aus ertragsteuerlicher Sicht ist zentrale Vorschrift für die vorweggenommene Erbfolge § 6 Abs. 3 EStG, der die Buchwertfortführung ermöglicht; hierzu das BFH-Urteil vom 2.8.2012:[2]"Ein Gesellschafter kann seinen Gesellschaftsanteil steuerneutral auf ein Kind übertragen, obwohl er ein ihm gehörendes und von der Gesellschaft genutztes Grundstück zeitgleich und ebenfalls steuerneutral auf eine zweite Personengesellschaft überträgt. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG scheidet die Aufdeckung der stillen Reserven im unentgeltlich übertragenen Mitunternehmeranteil (entgegen BMF, Schreiben v. 3.3.2005, BStBl 2005 I S. 458) auch dann aus, wenn ein funktional wesentliches Betriebsgrundstück des Sonderbetriebsvermögens vorher bzw. zeitgleich zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG übertragen worden ist." Damit erleichtert der BFH die Generationennachfolge bei Personengesellschaften. Bode kommentiert die Rechtsprechung wie folgt: "Unter Rn. 7 seines Schreibens v. 3.3.2005 vertritt das BMF unter Berufung auf die sog. Gesamtplan-Rechtsprechung die Ansicht, dass ein Anteil am Gesamthandsvermögen u. a. dann nicht nach § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert übertragen werden könne, wenn im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Übertagung eines Mitunternehmeranteils funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 EStG zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen übertragen wird. Dem vermochte sich der IV. Senat des BFH in seinem komplex begründeten Urteil v. 2.8.2012 nicht anzuschließen. Der BFH sieht in § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG (i. d. F. des UntStFG) eine grundlegende, ab dem Vz. 2001 anzuwendende Neubestimmung des Gesetzgebers; so begünstigt§ 6 Abs. 3 EStG die Übertragung von Sachgesamtheiten, indem anlässlich dieses Geschäfts auf die Aufdeckung stiller Reserven verzichtet wird; § 6 Abs. 5 begünstigt mit der gleichen Rechtsfolge die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern. Nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrem Normzweck können beide Begünstigungen grds. Nebeneinander treten, es sei denn, durch die gleichzeitige Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern würde der Normzweck von § 6 Abs. 3 EStG verfehlt, die Existenz der übertragenden Sachgesamtheit als Wirtschaftseinheit zu sichern. Eine funktionsfähige Sachgesamtheit ist indes nach Ansicht des BFH nicht allein deshalb zu verneinen, weil ein bislang funktional wesentliches Wirtschaftsgut aus dem Betrieb ausscheidet, ohne dass es diesem künftig auf veränderter Rechtsgrundlage (z. B. Miete, Pacht) weiter zum Wirtschaften zur Verfügung steht."

Offen gelassen hat der BFH, ob die von ihm ausgeführten Rechtsgrundsätze für die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG nicht nur im Fall der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG Geltung beanspruchen, sondern auch bei der Entnahme von Wirtschaftsgütern in das Privatvermögen oder der Veräußerung von Wirtschaftsgütern.

Auch bei teilentgeltlicher Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen muss es zu keiner Gewinnrealisierung kommen. So führt nach dem BFH-Urteil v. 19.9.2012[3] die teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts des Sonderbetriebsvermögens in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft nicht zur Realisierung eines Gewinns, wenn das Entgelt den Buchwert nicht übersteigt. Anmerkung von RiBFH Walter Bode: "Unter Rn. 15 seines Schreibens v. 8.12.2011 BStBl I 2011 S. 1279 vertritt das BMF unter Berufung auf die aus dem BFH-Urteil v. 11.12.2001, VIII R 58/98 BStBl II 2002 S. 420 abgeleitete sog. ‚Trennungstheorie’ die Auffassung, dass bei einer teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts immer ein dem Verhältnis des Entgelts zum Verkehrswert entsprechender Anteil der stillen Reserven zu realisieren sei. Nur der danach verbleibende unentgeltliche Teil der Übertragung darf nach Ansicht der Finanzverwaltung gem. § 6 Abs. 5 EStG (i. d. F. des UntStFG) zum Buchwert übertragen werden. Bereits in seinem Urteil v. 21.6.2012 (IV R 1/08, DB 0483602) hat indes der IV. Senat des BFH u. a. darauf hingewiesen, dass die Grundsätze des BFH-Urteils v. 11.12.2001 zu einer anderen Rechtslage und einer anderen Sachverhaltsgestaltung ergangen sind. Fortführung dessen vermochte der IV. Senat des BFH im Urteilsfall, dem § 6 Abs. 5 EStG zugrunde zu legen war, nach gegenwärtiger Rechtslage keine gesetzliche Grundlage für die "Trennungstheorie" zu erkennen. Vielmehr ordnet der BFH bei einer teilentgeltlichen Übertragung den Buchwert in vollem Umfang dem entgeltlichen Teil des Geschäfts zu. Zu einer Aufdeckung stiller Reserven kommt es danach nur, soweit das Entgelt – was im Urteilsfall nicht gegeben war – den Buchwert übersteigt. Soweit das Entg...

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