Rz. 591

Nach §§ 86, 26 Abs. 1 Satz 2 BGB vertritt der Vorstand die Stiftung im Rechtsverkehr. Er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters.

 

Rz. 592

Die Vertretungsmacht des Vorstands kann in mehr als einer Hinsicht beschränkt sein.

 

Rz. 593

Einige Landesgesetze sehen Einschränkungen der Vertretungsmacht vor, indem sie bei einzelnen Rechtsgeschäften die Mitwirkung der Stiftungsbehörde vorschreiben. Zum Teil sind diese als Anzeigepflichten ausgestaltet; das vorgesehene Rechtsgeschäft muss der Behörde zur Kenntnis gebracht werden und darf erst durchgeführt werden, wenn die Behörde die Rechtmäßigkeit bestätigt oder das Rechtsgeschäft nicht innerhalb einer bestimmten Frist beanstandet hat.[908] In Bayern bedürfen bestimmte Rechtsgeschäfte der Genehmigung durch die Behörde.[909]

 

Rz. 594

Für Rechtsgeschäfte zwischen der Stiftung und den Vorstandsmitgliedern sowie den Fall der Mehrfachvertretung gilt § 181 BGB.[910] Der Vorstand oder einzelne Mitglieder können jedoch im Stiftungsgeschäft oder in der Satzung von dem Verbot des Selbstkontrahierens befreit werden.[911] Die Satzung kann auch vorsehen, dass die Entscheidung über die Befreiung vom Verbot des § 181 BGB generell oder im Einzelfall dem Kontrollorgan (Kuratorium) überlassen ist und/oder der Genehmigung der Stiftungsbehörde bedarf. In Bayern kann die Stiftungssatzung Insichgeschäfte des Vertretungsorgans erlauben (Art. 14 Abs. 2 BayStiftG). Ohne eine solche Satzungsbestimmung ist die Mitwirkung eines von der Stiftungsaufsichtsbehörde zu bestellenden besonderen Vertreters erforderlich, wenn das Geschäft nicht nur in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayStiftG). Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 181 BGB ist die schwebende Unwirksamkeit entsprechend § 177 BGB.[912]

 

Rz. 595

Unklar ist, wer bei der Stiftung ggf. das Rechtsgeschäft genehmigen kann. Soweit nach der Satzung weitere Personen die Stiftung auch ohne Mitwirkung des Beteiligten vertreten können, können diese auch das schwebend unwirksame Geschäft genehmigen. Nach anderer Ansicht kann allein die Stiftungsbehörde solche schwebend unwirksamen Geschäfte genehmigen.[913]

 

Rz. 596

Darüber hinaus kann die Vertretungsmacht mit Wirkung gegenüber Dritten durch die Satzung beschränkt werden (§§ 86, 26 Abs. 1 Satz 3 BGB). Nach früher h. M. sollte sich eine solche Beschränkung schon aus dem Stiftungszweck ergeben.[914] Richtigerweise ist davon auszugehen, dass nur ausdrückliche Beschränkungen der Vertretungsmacht in der Satzung Wirkung gegenüber Dritten entfalten, da dem deutschen Recht ein der angloamerikanischen ultra-vires-Lehre vergleichbares Prinzip fehlt.[915]

 

Rz. 597

Umstritten ist, ob Beschränkungen der Vertretungsmacht auch dann Dritten gegenüber wirksam sind, wenn diese sie weder kennen noch kennen müssen. Bei der Stiftung liegt die Sache insofern anders als beim Verein, bei dem Beschränkungen der Vertretungsmacht in das Vereinsregister eingetragen werden können (§§ 68, 70 BGB). Obwohl es kein Stiftungsregister mit öffentlichem Glauben gibt, verweist § 86 BGB auch auf § 26 Abs. 1 Satz 3 BGB, und nach dieser Vorschrift ist die Beschränkung mit Wirkung gegenüber Dritten ohne Rücksicht auf deren Kenntnis möglich.[916] Hier bleibt also nur, de lege ferenda die Einführung eines mit Publizitätswirkung ausgestatteten Stiftungsregisters zu fordern.[917] In der Praxis stellen die Stiftungsbehörden auf Antrag sog. Vertretungsbescheinigungen aus, die den Umfang der Vertretungsmacht dokumentieren.[918]

 

Rz. 598

Für den Missbrauch der Vertretungsmacht gelten die allgemeinen Regeln: Grundsätzlich sind Rechtsgeschäfte auch dann wirksam, wenn das Vertretungsorgan seine Befugnis im Innenverhältnis überschreitet. Kollusives Zusammenwirken mit einem Dritten kann das Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig machen.[919] Kennt der Vertragspartner die Beschränkung der Befugnis, macht dies das Geschäft nicht nichtig. Die Stiftung kann aber die Einrede unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) erheben, wenn sich der Dritte auf den Bestand der Vertretungsmacht beruft.[920]

 

Rz. 599

Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so gilt für diese – wie schon nach der früher h. M. – seit der Vereinsrechtsreform[921] das Prinzip der Mehrheitsvertretung, soweit die Satzung nichts anderes vorsieht.[922] Dies bedeutet: Die Stiftung kann von derjenigen Zahl von Vorstandsmitgliedern gemeinsam vertreten werden, die (mindestens) für eine gültige Beschlussfassung (gem. §§ 86, 26 Abs. 2 Satz 1 BGB bzw. der Satzung) erforderlich ist.

 

Empfehlung

Die Vertretungsregelung sollte in die Satzung aufgenommen werden. Neben der Einzelvertretung für alle Vorstandsmitglieder oder der Gesamtvertretung für den ganzen Vorstand können auch Kombinationen gewählt werden. Beispiel:

"Der Vorsitzende vertritt die Stiftung einzeln. Die übrigen Vorstandsmitglieder vertreten die Stiftung jeweils mit einem weiteren Vorstandsmitglied."

 

Rz. 600

Auch wenn für den Vorstand Gesamtvertretung angeordnet ist, kann dieser sich für einzelne Rechtsgeschäfte...

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