Rz. 632

Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu. Diese sind verpflichtet, ihm das zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre, § 738 Abs. 1 BGB, §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB. Der ausscheidende Gesellschafter hat also gegenüber den verbleibenden Gesellschaftern einen Zahlungsanspruch in Höhe seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen. Der Wortlaut des Gesetzes legt eine Bewertung der Beteiligung unter dem Gesichtspunkt der Liquidation der Gesellschaft nahe (Zerschlagungs-, Versilberungswert).

Nach der Rechtsprechung ist aber der "Beteiligungswert auf der Grundlage des wirklichen Werts des lebenden Unternehmens zu errechnen (einschließlich der stillen Reserven und des Goodwill des Unternehmens). Dieser ergibt sich im Allgemeinen aus dem Preis, der bei einem Verkauf des Unternehmens als Einheit erzielt würde. Bei der Wertermittlung ist nach § 738 Abs. 2 BGB eine Schätzung möglich. Diese hat jedoch aufgrund konkreter Unterlagen zu erfolgen, so dass im Allgemeinen ein Sachverständigengutachten erforderlich sein wird. Dabei wird regelmäßig mit der heute herrschenden Auffassung von dem Ertragswert auszugehen sein. Dem Substanzwert und damit den in den bilanziellen Buchwerten steckenden stillen Reserven kommt insoweit, sofern kein Ausnahmefall gegeben ist, nur noch mittelbare Bedeutung zu."[1] Diese BGH-Entscheidung verdient insofern besondere Beachtung, als der BGH in Übereinstimmung mit der modernen Betriebswirtschaftslehre[2] den Ertragswert für die Bewertung eines Unternehmens zum entscheidenden Kriterium erklärt. In früheren Entscheidungen hatte der BGH die Auffassung vertreten, der Wert eines Unternehmens sei in der Regel durch eine Kombination von Substanz- und Ertragswert zu ermitteln, wobei teils der eine, teils der andere Faktor zum Ausgangspunkt zu nehmen und als der gewichtigere zu betrachten sei.[3] Der BGH überließ es dem Tatrichter – sachverständig beraten –, darüber zu befinden, welche der in der Betriebswirtschaftslehre vertretenen Bewertungsmethoden im Einzelfall zu einem angemessenen Ergebnis führt.[4]

[1] BGH, Urteil v. 24.9.1984, II ZR 256/83, NJW 1985 S. 192 (193); Baumbach/Hopt, § 131 Rn. 49; Engel, NJW 1986 S. 345.
[2] Vgl. Moxter, S. 117 ff.
[4] BGH, Urteil v. 1.7.1982, IX ZR 34/81, NJW 1982 S. 2441; BGH, Urteil v. 24.5.1993, II ZR 36/92, NJW 1993 S. 2101.

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