Rz. 572

Rechtslage nach Inkrafttreten des Nachhaftungsbegrenzungsgesetzes

Scheidet ein persönlich haftender Gesellschafter aus oder wird seine gesellschaftsrechtliche Stellung in die eines Kommanditisten umgewandelt, haftet er für alle bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens begründeten Verbindlichkeiten (sog. Altverbindlichkeiten) weiter, § 160 Abs. 1 und Abs. 3 HGB[1] i. V. m. § 161 Abs. 2 HGB.

Für die nach seinem Ausscheiden begründeten Verbindlichkeiten (sog. Neuverbindlichkeiten) kommt eine Haftung nur nach Rechtsscheinsgrundsätzen (§ 15 Abs. 1 HGB) in Betracht, solange das Ausscheiden des Komplementärs nicht im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht wurde (§§ 143 Abs. 2, 162 Abs. 2 HGB) und den Gläubigern das Ausscheiden nicht bekannt ist.[2]

Eine Verbindlichkeit ist zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters begründet, wenn der Rechtsgrund bereits bis zu diesem Zeitpunkt gelegt war, auch wenn die Gesellschaftsschuld selbst erst später fällig wird.[3] So haftet beispielsweise ein ausgeschiedener Komplementär bei einer Werkleistung für Bauleistungen, die nach seinem Ausscheiden erbracht wurden, wenn der Auftrag für diese Bauleistungen vor seinem Ausscheiden erteilt worden ist.[4]

Die Haftung des ausgeschiedenen Komplementärs ist zeitlich begrenzt. Nach § 160 Abs. 1 HGB haftet er nur für die bis zu seinem Ausscheiden begründeten Verbindlichkeiten, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach seinem Ausscheiden fällig und gegen ihn gerichtlich geltend gemacht werden (z. B. durch Klage oder Mahnbescheid).

Nach dem Ablauf der Ausschlussfrist kann der alte Komplementär nicht mehr in Anspruch genommen werden; die Frist beginnt an dem Tag zu laufen, an dem sein Ausscheiden im Handelsregister eingetragen wird. Wenn z. B. eine Forderung erst vier Jahre und zehn Monate nach der Eintragung des Ausscheidens fällig wird, verbleiben dem Gläubiger nur noch zwei Monate für die gerichtliche Geltendmachung.

Eine gerichtliche Geltendmachung ist dann nicht erforderlich, wenn der ausgeschiedene Gesellschafter den Anspruch zuvor schriftlich anerkannt hat, § 160 Abs. 2 HGB.

§ 160 HGB ist auf alle Verbindlichkeiten, d. h. Einzel- und Dauerschuldverhältnisse anwendbar. Damit wurde die zuvor geführte Diskussion, inwieweit es zu einer Begrenzung der Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters bei Dauerschuldverhältnissen kommt, durch das Nachhaftungsbegrenzungsgesetz[5] beendet.

 

Rz. 573

Alter Komplementär als Kommanditist und GmbH-Geschäftsführer

Die Haftung eines ausgeschiedenen Komplementärs ist im Zusammenhang mit einer GmbH & Co. KG insbesondere dann von Bedeutung, wenn die GmbH & Co. KG dadurch entsteht, dass eine GmbH als Komplementärin in eine KG eintritt, während der bisherige Komplementär aus der Gesellschaft ausscheidet bzw. seine Stellung in die eines Kommanditisten umwandelt. Dann stellt sich die Frage, inwieweit der Ex-Komplementär für die vor der Umwandlung der Gesellschaft in eine GmbH & Co. KG begründeten Gesellschaftsverbindlichkeiten weiterhaftet.

Nach der seit 1994 geltenden Rechtslage findet die fünfjährige Ausschlussfrist gemäß § 160 Abs. 1 HGB auch Anwendung für den Fall, dass der bisherige Komplementär Kommanditist und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH wird, § 160 Abs. 3 Satz 2 HGB.

[1] In der Fassung des am 26.3.1994 in Kraft getretenen Nachhaftungsbegrenzungsgesetzes (NachhBG), BGBl 1994 I S. 560; zum NachhBG vgl. Reichhold, NJW 1994, S. 1617 ff.; Kainz, DStR 1994, S. 620 ff.; Seibert, DB 1994, S. 461 ff.; Lieb, GmbHR 1994, S. 657 ff.
[2] BGH, Urteil v. 11.3.1955, I ZR 82/53, BGHZ 17 S. 13 (17); Baumbach/Hopt, § 143 Rn. 6.
[4] BGH, a. a. O.
[5] BGBl 1994 I S. 560-562.

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