Entscheidungsstichwort (Thema)

Denkmalschutz bei Kircheneigentum. öffentliches Erhaltungsinteresse. Abbruchinteresse. Berücksichtigung von Folgelasten bei der Abwägung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zur Auslegung der gesetzlichen Schutzgründe der wissenschaftlichen, künstlerischen und heimatgeschichtlichen Bedeutung eines Kulturdenkmals (hier: altes Pfarrhaus).

2. Bei der Prüfung, ob an der Erhaltung einer Sache als Kulturdenkmal ein öffentliches Interesse besteht, hat die Denkmalschutzbehörde die denkmalpflegerischen Belange abzuwägen und den Rang der Bedeutung des konkreten Schutzobjekts zu bewerten.

3. Die Regelung §§ 7 Abs 3, 8 Abs 1 Nr 1 DSchG (DSchG BW), durch die der Abbruch eines Kulturdenkmals unter den Vorbehalt der Zustimmung der Denkmalschutzbehörde gestellt wird, ist eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums.

4. Bejaht die Denkmalschutzbehörde die Eigenschaft eines Gebäudes als Kulturdenkmal, hat sie zu prüfen, ob die Versagung der Zustimmung unverhältnismäßig ist, und gegebenenfalls nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu befinden, ob eine unzumutbare Belastung des Eigentümers durch Zusage entsprechender Zuschüsse auszugleichen ist, ob die Zustimmung wegen nicht ausgleichsfähiger Belastung erteilt wird oder ob von der Möglichkeit der Enteignung (§§ 25ff DSchG (DSchG BW)) Gebrauch gemacht werden soll.

5. In aller Regel ist eine wirtschaftliche Belastung für den Eigentümer unzumutbar und deshalb unverhältnismäßig, soweit die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals aufgewogen werden können.

6. Bei der Entscheidung über die Zustimmung zum Abbruch eines Kulturdenkmals sind auch die mit der Erhaltung verbundenen "Folgelasten" zu berücksichtigen, wenn sich abschätzen läßt, daß das Kulturdenkmal in seinem bisherigen Zustand nicht sinnvoll genutzt werden kann (Änderung der Rechtsprechung des Senats, Urteil vom 1975-10-14, BWVPr 1976, 84).

7. Gegenüber denkmalschutzrechtlichen Maßnahmen ist das kirchliche Eigentum durch Art 14 GG nicht anders als das Eigentum Privater geschützt.

 

Normenkette

GG Art. 14, 140; WRV Art. 138 Abs. 2, Art. 137 Abs. 3; DSchG BW § 2 Abs. 1, §§ 6, 7 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

VG Stuttgart (Entscheidung vom 04.06.1987; Aktenzeichen 11 K 4263/85)

 

Fundstellen

Haufe-Index 543863

NVwZ-RR 1989, 232

DVBl. 1988, 1219

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