Entscheidungsstichwort (Thema)

Asyl. Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 02.03.2006; Aktenzeichen 2 BvR 767/02)

Niedersächsisches OVG (Beschluss vom 16.04.2002; Aktenzeichen 13 LA 22/02)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt seine Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung von Abschiebungshindernissen.

Er wurde im Bundesgebiet am 17. Juli 1998 geboren. Seine Eltern stammen aus Aserbaidschan. Seine Mutter ist armenischer Volkszugehörigkeit, sein Vater halbaserischer/halbarmenischer Abstammung. Sie reisten nach eigenen Angaben am 15. Dezember 1997 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am folgenden Tag ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Ihr Asylverfahren ist bei dem Verwaltungsgericht Hannover unter dem Aktenzeichen 12 A 3850/98 anhängig.

Den Asylantrag des Klägers vom 15. Januar 1999 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) mit Bescheid vom 21. Januar 1999 ab und drohte ihm die Abschiebung nach Aserbaidschan an. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei einer asylerheblichen Verfolgung nicht ausgesetzt gewesen, da er im Bundesgebiet geboren sei und sich zu keiner Zeit in Aserbaidschan aufgehalten habe. Aufgrund der Beiziehung der Asylakten der Eltern des Klägers sei der Sacherhalt geklärt, so dass dessen persönliche Anhörung nicht geboten sei.

Hiergegen hat der Kläger am 1. Februar 1999 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, aufgrund seiner armenischen Volkszugehörigkeit drohe ihm in Aserbaidschan politische Verfolgung. Bereits seine Eltern und Geschwister seien vor der Ausreise aus Aserbaidschan aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit politisch verfolgt worden. Eine zumutbare inländische Fluchtalternative in dem von Armeniem besetzten Teilgebiet Berg-Karabach bestehe für ihn nicht, da seine Familie dort nicht beheimatet gewesen sei und es im übrigen an Möglichkeiten, sich dort eine wirtschaftliche Existenzmöglichkeit aufzubauen, fehle.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 21. Januar 1999 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach den §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG festzustellen.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie sich auf den angegriffenen Bescheid des Bundesamtes bezogen.

Mit Beschluss vom 6. Dezember 2001 hat die Kammer – Einzelrichter – dem Kläger teilweise Prozesskostenhilfe bewilligt.

Wegen der Einzelheiten und des weiteren Vorbringens wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Bundesamtes sowie auf die Gerichtsakte des bei dem Verwaltungsgericht Hannover anhängigen Verfahrens der Eltern des Klägers 12 A 3850/98 nebst Beiakten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen. Auch liegen die Voraussetzungen für die Feststellung von Abschiebungshindernissen nicht vor.

Allerdings liegen die Ausführungen des Einzelentscheiders in dem angegriffenen Bescheid des Bundesamtes vom 21. Januar 1999 im Hinblick auf die zu prüfende Gruppenverfolgung von Armeniem in Aserbaidschan neben der Sache, was keiner weiteren Begründung bedarf.

1. Als politisch Verfolgter im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG genießt derjenige Asyl oder Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG, der wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungsmaßnahmen mit Gefahr für Leib und Leben oder Beschränkungen seiner persönlichen Freiheit ausgesetzt ist oder solche Verfolgungsmaßnahmen begründet befürchtet (BVerwG, Urt. v. 17.5.1983 – 9 C 36.83 –, BVerwGE 67, 184, 185 f; Urt. v. 18.1.1994 – 9 C 48.92 –, BVerwGE 95, 42 ff; Urt. v. 15.4.1997 – 9 C 15/96 –, NVwZ 1997, 1131). Diese Verfolgungsgefahr braucht sich nicht notwendigerweise aus dem individuellen Schicksal des Ausländers zu ergeben. Eine politische Verfolgung kann sich nämlich auch gegen eine Gruppe von Menschen richten, die durch gemeinsame Merkmale wie etwa Rasse, Religion, Nationalität, Volksgruppenzugehörigkeit oder politische Überzeugung miteinander verbunden sind (BVerwG, Urt. v. 2.8.1983 – 9 C 599.81 –, BVerwGE 67, 314, 315). Dem Ausländer muss – abgestellt auf den Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung – politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen, weshalb ihm eine Rückkehr in sein Heimatland nicht zuzumuten ist. Hat der Flüchtling bereits einmal politische Verfolgung erlitten, so kann ihm asyl- und abschiebungsrechtlicher Schutz in der Regel nur verwehrt werden, wenn im Rahmen der zu treffenden Zukunftsprognose eine Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen...

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