rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Mindestruhezeit. Umbettungsverlangen. Wille des Verstorbenen. hypothetischer Wille. Totenfürsorge. Gestattung der Umbettung von Urnen

 

Leitsatz (amtlich)

Dem eindeutigen Willen des Verstorbenen, auf einem bestimmten Friedhof beerdigt zu werden, steht das Umbettungsverlangen des mit der Grabpflege beauftragen Angehörigen innerhalb der Mindestruhezeit (15 Jahre) entgegen, auch wenn es sich um unter der Erde bestattete Urnen handelt. Die spätere Veränderung der Lebensumstände des mit der Grabpflege beauftragten Angehörigen (hier ein Umzug) rechtfertigt es bei einer eindeutigen Grabwahl grundsätzlich nicht, die Urne des verstorbenen Angehörigen umzubetten. Dies gilt auch dann, wenn die Familie (Schwestern und Ehepartner) in einem Grab zusammengeführt werden sollen.

 

Normenkette

BestattG §§ 6, 41; BestattVO § 30

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Umbettung der Urnen ihrer verstorbenen Eltern und eines Onkels vom Friedhof F. auf den in I..

Am 17.01.2005 beantragte sie die Umbettung der Urnen ihres 1983 verstorbenen Vaters (XXX), ihrer 1993 beigesetzten Mutter (XXX) und die ihres 1991 im gleichen Urnenwahlgrab unter der Erde beigesetzten Onkels (XXX) vom Friedhof F. auf den Friedhof I.. Die am 16.01.2005 verstorbene und bis dahin in I. wohnhaft gewesene Ehefrau des Onkels (XXX) wurde auf dem Friedhof in I. beigesetzt. Zur Begründung gab die Klägerin an, sie wohne mittlerweile im Haus ihrer Tante in I. und habe nur drei Gehminuten zum Friedhof, und sie sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, das Grab auf dem Friedhof F. zu pflegen.

Der Antrag für die Umbettung ihrer Mutter und ihres Onkels wurde mit Bescheid der Friedhöfe M. vom 03.03.2005 abgelehnt. Darin ist im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 41 BestattG könne der Ausgrabung der Urnen des am 27.07.1991 verstorbenen Herrn XXX und der am 03.02.1993 verstorbenen XXX aus der Urnenwahlgrabstätte auf dem Friedhof F. und dem Versand der Urne zur Wiederbeisetzung an das Bürgermeisteramt I. nicht zugestimmt werden, da die Umsetzung der Urnen mit dem Gebot der Totenruhe nicht zu vereinbaren sei. Eine Umsetzung der Urne des am 30.09.1983 verstorbenen Herrn XXX sei unproblematisch, die Mindestruhezeit von 15 Jahren sei abgelaufen. Dagegen legte die Klägerin am 11.03.2005 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie die weite Entfernung und ihren Wunsch auf Familienzusammenführung anführte.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Friedhöfe M. vom 22.04.2005 als unbegründet abgewiesen. Darin ist im Wesentlichen ausgeführt. Private Gründe könnten eine Ausgrabung der Urnen entgegen § 41 BestattG nur rechtfertigen, wenn eine Prüfung des Einzelfalles die vorgebrachten Gründe für besonders dringlich erachte, also eine Störung der Totenruhe vor Ablauf der Ruhezeit rechtfertige. Solche Gründe lägen, wie bereits im Schreiben vom 29.03.2005 ausgeführt, nicht vor. Der Widerspruchsbescheid wurde am 27.04.2005 gegen Rückschein zugestellt.

Am 12.05.2005 hat die Klägerin Klage erhoben; sie beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 03.03.2005 und deren Widerspruchsbescheid vom 22.04.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Ausgrabung der Urnen von XXX und XXX aus der Urnenwahlgrabstätte XXX auf dem Friedhof F. und dem Versand der Urnen nach I. Friedhof XXX zur Wiederbeisetzung zuzustimmen.

Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Die Familie solle in I. zusammengeführt werden. Da ihre Tante und die Ehefrau des XXX in I. bestattet worden seien, sollten alle Angehörigen dort ruhen. Sie wohne jetzt in I. und habe nur zwei Gehminuten zum Friedhof XXX. Einen Führerschein habe sie nicht. Der Friedhof F. sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht bzw. nur unzureichend zu erreichen. Dass sie das Haus der in I. wohnhaft gewesenen Tante erbe, habe sich erst kurz vor deren Ableben ergeben, weshalb die Tante sich für eine Bestattung in I. entschlossen habe. Bei deren Tod habe die Friedhofsverwaltung in I. keine Bedenken gegen eine Umbettung der Urnen ihrer Verwandten gesehen. Auf anderen Stadtfriedhöfen werde die Umbettung großzügig gehandhabt. Es entspreche dem mutmaßlichen Willen ihrer Eltern und ihres Onkels, dass sie im Falle ihres Wegzugs mit einer Umbettung ihrer Urnen einverstanden gewesen wären, wenn sie es gewusst hätten, weil ihr die Grabpflege obliege und ihre Eltern auf eine ordentliche Grabpflege Wert legten; dies könne nur an ihrem Wohnsitz gewährleistet werden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Bescheide seien rechtmäßig. Gemäß § 12 Abs. 2 S. 2 Friedhofsund Bestattungsordnung (FBO) könne die Zustimmung der Gemeinde als Friedhofsträger zu einer Umbettung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes erteilt werden. Nach der religiösen und sittlichen Anschauung der Bevölkerung und nach allgemeinem Empfinden dürfe ein Toter, der einmal beigesetzt worden sei, jedenfalls bis zum Ablauf der Ruhezeit in ...

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