Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung von Kindererziehungszeiten

 

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Es wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeholt zur Vereinbarkeit von § 6 Abs. 1 Sätze 4 und 5 Beamtenversorgungsgesetz in der bis 1992 geltenden Fassung mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die ihr erteilte Festsetzung der Versorgungsbezüge und verlangt, in die Festsetzung insgesamt zwei zusätzliche Dienstjahre für die Geburt und Erziehung ihrer am 08. Februar 1973, 02. Mai 1974, 09. Dezember 1978 und 01. Mai 1980 geborenen Kinder aufzunehmen.

Die am 09. September 1944 geborene Klägerin absolvierte in der Zeit vom 01. April 1964 bis 09. Juli 1970 ihr Lehramtsstudium und trat zum 01. August 1970 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in das Referendariat ein. Dieses schloss sie zum 31. Januar 1972 erfolgreich ab. Mit Wirkung zum 01. Februar 1972 wurde sie als Studienrätin zur Anstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen. Anschließend arbeitete sie mit voller Arbeitszeit bis Ende Januar 1981. Für die Zeit vom 01. Februar 1981 bis einschließlich 31. August 1981 wurde ihr im Hinblick auf die seinerzeitige Regelung in § 92 a HBG die Arbeitszeit um 50 % ermäßigt. Im Anschluss daran wurde sie nach Maßgabe der gleichen Vorschrift bis einschließlich 31. Juli 1993 ohne Dienstbezüge beurlaubt. Im Anschluss daran kehrte die Klägerin zur Vollzeitbeschäftigung zurück. Mit Ablauf des 31. Januar 2000 endete das Beamtenverhältnis der Klägerin durch vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.

Bereits am 06. Oktober 1999 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf eine frühere Korrespondenz mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, ihr die Kinderzeiten für die Versorgung anzuerkennen. Mit Bescheid vom 20. Dezember 1999, zur Post gegeben am darauf folgenden Tage, setzte das Regierungspräsidium Darmstadt die Ruhegehaltsbezüge der Klägerin fest und sah dabei von einer Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten ab. Im Hinblick auf die Übergangsregelungen zur Anwendung des bis 1992 geltenden Versorgungsrechtes wurde der Ruhegehaltssatz der Klägerin auf 50,37 % festgesetzt. Den am 14. Januar 2000 erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. März 1996 stehe ihr versorgungsrechtlich ein Anspruch darauf zu, für jedes der vier Kinder ein halbes Jahr an zusätzlicher ruhegehaltsfähiger Dienstzeit anerkannt zu bekommen. Zwar sei die Entscheidung nur zum Rentenversicherungsrecht ergangen, die dort genannten Grundsätze müssten jedoch für die Beamtenversorgung in gleicher Weise angewandt werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2000, dem Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 22. Mai 2000, wies das Regierungspräsidium Darmstadt den Widerspruch der Klägerin zurück und bezog sich dabei auf die übergangsweise noch anzuwendende Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 4 und 5 Beamtenversorgungsgesetz in der bis zum 31. Dezember 1991 gültigen Fassung, der eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten hier schon deshalb nicht zulasse, weil die Klägerin während der Zeiten nach der Geburt Dienst verrichtet habe und eine Doppelanerkennung der entsprechenden Zeiten nicht vorgesehen sei. Das Kindererziehungszuschlagsgesetz finde im Hinblick auf den Zeitpunkt der Geburten keine Anwendung.

Mit ihrer am 16. Juni 2000 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und macht geltend, die Nichtanerkennung von Kindererziehungszeiten verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Maßgabe der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 12. März 1996. Es könne nicht darauf ankommen, ob die Klägerin unmittelbar im Anschluss an die Geburt ihrer vier Kinder gearbeitet habe, da dies auch für die Berechnung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung kein zulässiges Kriterium sei.

Die Klägerin beantragt,

das beklagte Land unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 20. Dezember 1999 und seines Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2000 zu verpflichten, für die Klägerin einen Ruhegehaltssatz von 53,06 % festzusetzen.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bezieht sich auf die ergangenen Bescheide und sieht im Hinblick auf den Wortlaut des § 6 Abs. 1 Sätze 4, 5 Beamtenversorgungsgesetz in der bis 1991 anzuwendenden Fassung keine andere Entscheidungsmöglichkeit.

Ein Band Verwaltungsvorgänge des Beklagten hat vorgelegen und ist zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Auf seinen Inhalt und den Inhalt der Gerichtsakte wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Verfahren ist gem. § 94 VwGO, Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Vereinbarkeit von § 6 Abs. 1 Sätze 4, 5 Beamtenversorgungsgesetz in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung mit dem Grundgesetz, insbesondere Art. 3 Abs. 1 GG, einzuholen.

Maßg...

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