Leitsatz

Das OLG Brandenburg hat sich in dieser Entscheidung mit den Voraussetzungen für eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau auseinandergesetzt. Die Besonderheit lag darin, dass die Ehefrau zwei gemeinsame minderjährige Kinder der Parteien betreute und in solchen Konstellationen das Vorliegen von Verwirkungsgründen in aller Regel nur zu einer Kürzung des Unterhaltsbetrages im Hinblick auf die Belange der gemeinsamen Kinder führt. Das OLG Brandenburg ist in seiner Entscheidung zu einem anderen Ergebnis gekommen.

 

Sachverhalt

Die Parteien hatten im Mai 2003 geheiratet. Im Juli 2004 wurde ihr gemeinsames Kind geboren. Der Scheidungsantrag wurde im September 2005 zugestellt. Im Januar 2006 gebar die Ehefrau ein weiteres Kind von einem anderen Partner. Mit dem Kindesvater und beiden Kindern ließ sich die Ehefrau unter Angabe ihres vollen Namens in der örtlichen Presse abbilden. Das Bild trug die Unterschrift "nun zu fünft".

In der Folgezeit vereitelte sie gegen alle Bemühungen des Ehemannes, des Jugendamts und der Familiengerichte den Umgang des Ehemannes mit dem gemeinsamen Kind.

Sie nahm den Ehemann auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Anspruch. Der Ehemann berief sich insoweit auf Verwirkung.

Die Ehefrau beantragte für den beabsichtigten Antrag auf Zahlung nachehelichen Betreuungs- bzw. Aufstockungsunterhalts Prozesskostenhilfe, die ihr vom AG versagt wurde.

Auch die hiergegen von ihr eingelegte sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Im Rahmen des PKH-Prüfungsverfahrens nach altem Recht kam das OLG zunächst zu dem Ergebnis, dass der Verwirkungsgrund der kurzen Ehedauer gemäß § 1579 Nr. 1 BGB nicht einschlägig sei.

Zwar habe die Ehe bis zur Zustellung des Ehescheidungsantrages nur zwei Jahre und vier Monate bestanden. Nicht schematisch hinzuzurechnen, jedoch bei der Billigkeitsprüfung zu berücksichtigen, sei nach dem zum 1.1.2008 neu gefassten Wortlaut des § 1579 Nr. 1 BGB die Zeit, in der der Berechtigte wegen Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 BGB Unterhalt verlangen könne. Dies sei hier mindestens für einen Zeitraum bis zum 3. Geburtstages des gemeinsamen Kindes im Juli 2007 der Fall. Jedoch sei auch eine Ehedauer von mehr als zwei Jahren nur dann "kurz" im Sinne der Vorschrift, wenn es noch nicht zu einer wechselseitigen Abhängigkeit und Verflechtung der Lebensverhältnisse der Partner gekommen sei. Eine derartige Verflechtung liege hier eher fern. Gleichwohl scheide eine Versagung des Unterhaltsanspruchs aufgrund kurzer Ehedauer wegen der Belange des gemeinsamen Kindes aus. Auch der Umstand, dass die Ehefrau während der Ehe mit einem anderen Mann ein Kind gezeugt habe, reiche für ein schwerwiegendes ehewidriges Fehlverhalten nicht aus, da der Ehemann eine andauernde Beziehung nicht habe nachweisen können und daher von einem einmaligen Fehlverhalten auszugehen sei.

Die weiteren Gründe führten jedoch bei Abwägung aller Umstände dazu, dass die Zahlung von nachehelichem Unterhalt durch den Antragsgegner als grob unbillig anzusehen wäre, da auch von ihm keine nacheheliche Solidarität in Form der Verpflichtung zur Unterhaltszahlung mehr erwartet werden könne. So sei durch den Zeitungsbericht unter voller Namensnennung ein für den damals noch verheirateten Ehemann äußerst beleidigender und belastender Anschein erweckt worden, der dessen häusliche Verhältnisse in ein krasses Licht gestellt hätten.

Besonders schwer wog nach Auffassung des Senats jedoch die Vereitelung des Umgangs mit der gemeinsamen Tochter. Die Kindesmutter habe in unsäglicher Weise und häufig erst ganz kurzfristig und ohne Absage Umgangskontakte zwischen Vater und Tochter unterbunden. Trotz unermüdlicher Versuche seitens des Kindesvaters, großen Einsatzes des Jugendamtes und der Gerichte sei es nicht gelungen, die Kindesmutter von ihrer sturen und durch nichts gerechtfertigten Haltung abzubringen, was letztendlich dem Kindeswohl schade und das Elternrecht des Antragsgegners aus Art. 6 Abs. 1 GG massiv geschädigt habe.

Damit liege insgesamt ein allein der Antragstellerin anzulastenden grobes Fehlverhalten vor, das einen Verwirkungstatbestand darstelle (vgl.: BGH FamRZ 2007, 882; OLG München FamRZ 2006, 1605; OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 92; OLG Schleswig FamRZ 2003, 688).

 

Link zur Entscheidung

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 12.01.2011, 9 WF 383/09 (PKH)

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