Die Wohnungseigentümer sind grundsätzlich nicht gehindert, über eine schon geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen. Die Befugnis dazu ergibt sich aus der autonomen Beschlusszuständigkeit der Gemeinschaft. Dabei ist unerheblich, aus welchen Gründen die Wohnungseigentümer eine erneute Beschlussfassung für angebracht halten.[1] Grundsätzlich zulässig ist es also, den Erstbeschluss durch einen weiteren Beschluss abzuändern oder zu ergänzen. Stellt sich etwa heraus, dass der Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage fehlerhaft war, kann die Sonderumlage erneut auch noch nach der Beschlussfassung über die auf Grundlage der Jahresabrechnung festgesetzten Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge durch ergänzenden oder abändernden Zweitbeschluss geregelt werden, um eine ordnungsmäßige Anspruchsgrundlage für bereits geleistete oder auch noch nicht geleistete Beiträge der Wohnungseigentümer darstellen zu können.[2] Nach der Beschlussfassung über die auf Grundlage der Jahresabrechnung festgesetzten Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge kann auch der ihr zugrunde liegende Wirtschaftsplan durch Zweitbeschluss geändert werden, wenn Zweifel an seiner Wirksamkeit bestehen.[3]

Eine Zweitbeschlussfassung ist überhaupt in all denjenigen Fällen erforderlich, in denen sich die der ursprünglichen Beschlussfassung zugrunde liegenden Tatsachen maßgeblich geändert haben. Hatten die Wohnungseigentümer etwa die Beauftragung eines Rechtsanwalts hinsichtlich einer juristischen Beratung zu einem bestimmten Betrag beschlossen und stellt sich dann bei Beauftragung des Anwalts heraus, dass der beschlossene Kostenrahmen zu niedrig festgelegt wurde, bedarf es freilich erneuter abändernder Beschlussfassung über den höheren Kostenrahmen.[4]

Ein sachlicher Grund, die Aufhebung eines früheren Beschlusses zu beschließen, liegt vor, wenn dieser im Widerspruch zur Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung steht.[5]

 
Hinweis

Schutzwürdige Belange des Erstbeschlusses berücksichtigen

Jeder Wohnungseigentümer kann nach 18 Abs. 2 WEG verlangen, dass der Zweitbeschluss schutzwürdige Belange aus Inhalt und Wirkung des Erstbeschlusses zu seinen Gunsten berücksichtigt.[6]

 
Praxis-Beispiel

Genehmigte bauliche Veränderung/Kostenverteilungsänderung

  • Wurde einem Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung durch Mehrheitsbeschluss gestattet und ist dieser Beschluss bestandskräftig, so wäre ein Zweitbeschluss, mit dem diesem Eigentümer Auflagen für die Durchführung seiner baulichen Veränderung gemacht werden, rechtsfehlerhaft, wenn für die Auflagen kein sachlicher Grund vorliegt und sie die Interessen des begünstigten Eigentümers beeinträchtigen.
  • Entsprechendes gilt bei einer Kostenverteilungs-Beschlussfassung bei einer bereits bestandskräftig beschlossenen Erhaltungsmaßnahme. Ohne sachlichen Grund darf insoweit nicht im Wege des abändernden Zweitbeschlusses die Kostenverteilung geändert werden.[7]
  • Auch eine Beschlussfassung über eine Angelegenheit, die bereits Gegenstand eines Anerkenntnisurteils war, muss die schutzwürdige Rechtsposition berücksichtigen, die der klagende Wohnungseigentümer durch das Anerkenntnisurteil erlangt hat.[8] Hat also die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer etwa im Rahmen eines Anfechtungsverfahrens eine bestimmte Rechtsposition des klagenden Wohnungseigentümers anerkannt, kann sie ihm diese nicht über erneute abweichende Beschlussfassung wieder nehmen.
[1] LG Hamburg, Urteil v. 28.10.2015, 318 S 9/15; AG Berlin-Charlottenburg, Urteil v. 24.6.2016, 73 C 17/16.
[4] AG München, Urteil v. 11.4.2014, 481 C 31813/13 WEG.

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