Leitsatz

Grundsätzlich kann Verwaltungskompetenz nur durch Vereinbarung auf den Verwaltungsbeirat übertragen werden. Wird Kompetenz von der Versammlung auf den Verwaltungsbeirat übertragen, muss der Beschluss auf jeden Fall eine Begrenzung auf eine Gesamtsumme enthalten.

 

Normenkette

§§ 21, 29 WEG

 

Das Problem

Die Wohnungseigentümer ermächtigen den Verwaltungsbeirat für den Fall, dass sich bei einer beschlossenen, betragsmäßig festgelegten Baumaßnahme "Mehrkosten" ergeben, auf Antrag des Verwalters bis zu 10 % des beschlossenen Betrags, mindestens jedoch 1.000 EUR und höchstens 10.000 EUR zuzustimmen. Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor.

 

Die Entscheidung

  1. Mit Erfolg! Zum einen sei nicht klar, welche Vollmachten dem Verwaltungsbeirat eingeräumt werden, wenn es in dem Beschluss heißt "bis zu 10 % des beschlossenen Betrags, mindestens jedoch 1.000 EUR". Darüber hinaus überschreite der Beschluss die engen Grenzen, in denen bei der Entscheidung über Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums eine Kompetenzverlagerung auf den Verwaltungsbeirat möglich sei.
  2. Die insoweit notwendigen Entscheidungen hätten grundsätzlich die Wohnungseigentümer zu treffen. Auf den Verwaltungsbeirat oder den Verwalter könne diese Entscheidungskompetenz nur durch Vereinbarung gem. § 10 Abs. 2 Satz 1 WEG übertragen werden, da dadurch eine grundlegende Zuständigkeitsänderung zwischen diesen 3 Organen vorgenommen werde.
  3. Abweichend von diesem Grundsatz könne die Versammlung auch im Wege des Beschlusses eine solche Kompetenzverlagerung vornehmen, wenn dadurch der mit der gesetzlichen Regelung intendierte Schutzzweck der selbstbestimmten Verwaltung durch die Wohnungseigentümer nicht "ausgehöhlt" werde. Insoweit werde dem praktischen Bedürfnis gerade bei großen Wohnungseigentümergemeinschaften nach flexibleren Regelungen Rechnung getragen, wobei der Schutzzweck der gesetzlichen Regelung nur dann gewahrt sei, wenn diese Ermächtigung nur zu einem begrenzten und für die einzelnen Wohnungseigentümer überschaubaren finanziellen Risiko führe. Eine solche Begrenzung könne bspw. durch ein festes Jahresbudget, dessen Höhe sich an der anteiligen Belastung für die einzelnen Wohnungseigentümer zu orientieren habe, oder durch eine gegenständliche Beschränkung bei hinreichender Bestimmtheit herbeigeführt werden. Diesen Anforderungen genüge der Beschluss aber nicht. Er enthalte keine Begrenzung auf eine Gesamtsumme für sämtliche Baumaßnahmen. Da die theoretische Möglichkeit bestehe, dass der Verwaltungsbeirat durch Erteilung seiner Zustimmung bei einer Mehrheit von Baumaßnahmen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in erheblichem Umfang belasten könnte, seien die engen Grenzen einer Kompetenzverlagerung überschritten. Dass für Letzteres keine konkreten Anhaltspunkte gegeben seien, ändere nichts (Hinweis auf OLG Düsseldorf v. 30.7.1997, 3 Wx 61/97, NJW-RR 1998 S. 13 f.).
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Wohnungseigentümer besitzen gem. § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG die Möglichkeit, im Wege der Vereinbarung von einer gemeinschaftlichen Verwaltung abzuweichen und z.B. einem Wohnungseigentümer, wie im Fall einer Gruppe von Wohnungseigentümern, dem Verwalter oder einem Dritten Verwaltungskompetenzen konkurrierend oder verdrängend zu übertragen. Verlagerungen finden sich i.d.R., wenn an einem Raum oder einer Fläche des gemeinschaftlichen Eigentums ein Sondernutzungsrecht begründet worden ist. Eine Grenze ist vor allem erreicht, soweit etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. Daneben sind Kompetenzverlagerungen an §§ 134, 138, 242 BGB in Verbindung mit dem Gemeinschaftsverhältnis sowie an der "Kernbereichslehre" zu messen. Die Gestaltungsfreiheit der Wohnungseigentümer soll danach dort enden, wo die "personenrechtliche Gemeinschaftsstellung" ausgehöhlt wird.
  2. Durch einen Beschluss kann Verwaltungskompetenz nicht übertragen werden. Fassen Wohnungseigentümer einen eine Verwaltungskompetenz übertragenden Beschluss dennoch, ist dieser daher nicht ordnungsmäßig oder nichtig (was gilt, ist davon abhängig, ob die Übertragung der Verwaltungskompetenz berechtigen soll, diese mehrfach wahrzunehmen oder nur im Einzelfall. Ist eine mehrfache Wahrnehmung geplant, ist der Beschluss nichtig; ansonsten ist er nur anfechtbar). Demgegenüber hält – wie der Fall zeigt – die Rechtsprechung eine Kompetenzverlagerung durch Beschluss grundsätzlich für möglich. Dies gelte namentlich bei größeren Wohnungseigentümergemeinschaften und für nicht vorhersehbare Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen. Jedoch "müsse für die einzelnen Wohnungseigentümer das finanzielle Risiko überschaubar sein". Eine solche Begrenzung könnte etwa durch ein festes Jahresbudget, dessen Höhe sich nach der anteiligen Belastung für die einzelnen Wohnungseigentümer zu orientieren hat, herbeigeführt werden. Denkbar wäre auch eine gegenständliche Beschränkung, weil auch dadurch das Risiko für die einzelnen Wohnungseigentümer kalkulierbar bliebe. Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Sie ist pr...

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