Leitsatz

Ob die Genehmigung der Abrechnung zugleich auf schlüssige Weise die Entlastung des Verwalters bedeutet, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln.

 

Normenkette

§§ 21 Abs. 4, 28 Abs. 5 WEG; § 397 BGB

 

Das Problem

  1. Wohnungseigentümer W geht im Wege der Anfechtungsklage gegen die Genehmigung der Gesamt- und Einzelabrechnung des Jahres 2013 vor. Der Beschluss hat folgenden Wortlaut:

    Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt die Einzel- und Gesamtjahresabrechnung 2013 mit Datum vom 9.4.2014, abschließend mit einem Gesamtguthaben in Höhe von 2.538,79 EUR zu genehmigen. Die Verrechnung der Einzelergebnisse erfolgt zum 10.6.2014.

    W meint, dass in diesem Beschluss eine konkludente Beschlussfassung über die Entlastung von Verwalter V zu sehen sei. V's Entlastung entspreche aber nicht der ordnungsmäßigen Verwaltung, weil gegen ihn Schadensersatzansprüche im Raum stünden. Diese würden sich daraus ergeben, dass V im Rahmen der Vergabe und der entsprechenden Vertragsabschlüsse mit Reinigungsfirmen pflichtwidrig nicht für die Einhaltung der Kostenobergrenze für die Treppenhausreinigung gesorgt habe. Hieraus werde ein jährlicher Schaden von voraussichtlich 7.000 EUR entstehen.

  2. Das Verfahren wird beim AG im Wege eines Vergleichs beendet. Die Parteien stellen die Kostenentscheidung in das Ermessen des Gerichts unter Ausschluss der Vermutung einer Kostenaufhebung und bei Entscheidung nach dem voraussichtlichen Ausgang des Rechtsstreits. Das AG legt W die Kosten auf. In dem angegriffenen Beschluss habe nicht zugleich V's Entlastung gelegen.
  3. Hiergegen wendet sich W. Im Beschluss über die Genehmigung einer Abrechnung sei nur dann kein konkludenter Entlastungsbeschluss zu sehen, wenn sich die Wohnungseigentümer die Entscheidung über die Entlastung ausdrücklich vorbehalten oder sonst klargestellt hätten, dass mit dem Beschluss über die Abrechnung eine Entlastung des Verwalters nicht verbunden sein soll. Hieran ändere es auch nichts, dass die Wohnungseigentümer einen gesonderten Beschluss über die Entlastung des Verwaltungsbeirats gefasst hätten.
 

Die Entscheidung

  1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg! Die Kostenentscheidung sei nicht zu beanstanden. Die Entscheidung sei an den Grundgedanken des Kostenrechts, wie sie sich insbesondere aus §§ 9197 ZPO ergäben, auszurichten. Entscheidend sei in erster Linie, welche Partei im streitigen Verfahren ohne das erledigende Ereignis voraussichtlich unterlegen wäre.
  2. Nach diesen Grundsätzen habe das AG W zu Recht die Kosten des Verfahrens auferlegt. Er wäre im Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen gewesen. Die Frage, ob eine Genehmigung der Abrechnung zugleich auch konkludent eine Entlastung des Verwalters bedeutet, sei eine Frage der Auslegung des jeweiligen Beschlusses. Bei der Entlastung des Verwalters und der Genehmigung der Abrechnung handle es sich um grundsätzlich getrennte Entscheidungen, welche unterschiedliche Gegenstände beträfen. Die Abrechnung diene zwar auch der Kontrolle, wie der Verwalter die gemeinschaftlichen Gelder verwaltet habe. Hieraus lasse sich jedoch nicht der Schluss ziehen, dass die Genehmigung der Abrechnung stets auch eine Billigung des Verwalterhandelns im betreffenden Wirtschaftsjahr beinhalte. Dies ergebe sich schon daraus, dass tatsächliche Ausgaben auch dann in die Abrechnung einzustellen seien, wenn sie vom Verwalter zu Unrecht getätigt wurden. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass der Verwalter keinen Anspruch auf Erteilung der Entlastung habe, soweit nicht etwas anderes vertraglich vereinbart ist. Schließlich handle es sich bei der Verwalterentlastung um eine Entscheidung mit gegebenenfalls erheblicher Bedeutung für die Wohnungseigentümer, da ihr die Wirkungen eines negativen Schuldanerkenntnisses zukämen.
  3. Diese Überlegungen geböten die Annahme einer konkludenten Verwalterentlastung nur dann, wenn sich hierfür im Rahmen der Beschlussauslegung entsprechende Anhaltspunkte fänden. Solche seien weder im Beschlusswortlaut selbst noch Inhalt der Niederschrift oder der Ladung zur Versammlung ersichtlich. Der Fall läge daher anders als derjenige, welcher Gegenstand der Entscheidung OLG München v. 7.2.2007, 34 Wx 147/06, NJW-RR 2007 S. 1095, gewesen sei. Zutreffend sei, dass das OLG München dort in der Beschlussfassung über die Verwalterentlastung eine konkludente Genehmigung der Abrechnung gesehen habe. Dort hätten sich aber auch aus der Niederschrift, insbesondere der Bezeichnung des Tagesordnungspunkts "TOP 2: Hausgeldabrechnung nebst Einzelabrechnungen 2004, Entlastung der Vorverwaltung und der Beiräte"Anhaltspunkte für eine derartige Auslegung gegeben.
  4. Im Übrigen würde eine Entlastung des V sich gar nicht auf die von W behaupteten Schadensersatzansprüche beziehen. Leite man die Billigung des Verwalterhandelns aus der Genehmigung der Abrechnung her, könne sich die Reichweite dieses Beschlusses auch nur auf Ansprüche beziehen, welche in irgendeiner Form Einfluss auf die Abrechnung genommen haben oder zumindest hätten haben können. Die Entlastung bezie...

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