Leitsatz

  1. Der zur Stimmrechtsausübung von Eigentümern bevollmächtigte Verwalter darf auch zum Beschlusspunkt seiner Abwahl/Abberufung nicht von der Versammlung ausgeschlossen werden
  2. Auch zum Beschlusspunkt einer Abberufung aus wichtigem Grund kann der bevollmächtigte Verwalter (Nicht-Eigentümer) das Stimmrecht der durch ihn vertretenen Miteigentümer wahrnehmen
 

Normenkette

§ 25 Abs. 5 WEG

 

Kommentar

  1. Vorliegend war verfahrens- und auch materiell-rechtlich noch altes Recht anwendbar, da die angefochtene Beschlussfassung und der Verwaltervertrag vor dem 30.6.2007 lagen (vgl. § 62 Abs. 1 WEG n.F. sowie Elzer, WuM 2007, S. 295, 305).
  2. Auch nach Anerkennung der partiellen Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft – soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt – (vgl. BGH v. 2.6.2005, NJW 2005 S. 2061) besteht weiterhin die Möglichkeit, dass der Abschluss (oder auch die Aufhebung oder Kündigung) eines Verwaltervertrags von allen Wohnungseigentümern vorgenommen wird (Riecke/Schmid/Abramenko, Fachanwaltskommentar zum Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., § 26 Rz. 39). Daneben kann der Vertrag aber auch bereits durch eine Beschlussfassung gekündigt bzw. ein Angebot auf Aufhebung unterbreitet werden. Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2002 S. 3704) handelt es sich bei der Bestellung oder Abberufung eines Verwalters um Beschlüsse, die auf die unmittelbare Begründung bzw. Aufhebung wohnungseigentumsrechtlicher Befugnisse und Pflichten gerichtet sind. Diese Beschlüsse sind Teil des 2-stufigen Akts, mit dem der Verwalter sein Amt erhält bzw. verliert; der Verwaltervertrag dient lediglich der Ausgestaltung dieser Rechtsposition im Verhältnis zu den Wohnungseigentümern. Wenn im Rahmen einer einheitlichen Beschlussfassung über die Abberufung aus dem Verwalteramt und die Kündigung aus dem Vertrag entschieden wird, so ist nach Auffassung des BGH diese Beschlussfassung als ein Rechtsgeschäft in der besonderen Form eines Gesamtakts anzusehen, durch den mehrere gleichgerichtete Willenserklärungen gebündelt werden. Beantragt deshalb der Verwalter – wie hier – Feststellung, dass der Verwaltervertrag nicht zu dem im Beschluss genannten Zeitpunkt endete, ist dieser Antrag darauf gerichtet, festzustellen, dass der zweistufige Akt, mit dem der Verwalter sein Amt verliert, zumindest teilweise unwirksam ist. Damit richtet sich dieser Antrag (auch) gegen die einzelnen Wohnungseigentümer; das Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO ist hier zu bejahen.
  3. In Übereinstimmung mit dem Landgericht bestand für den Verwalter auch zur Beschlussfassung über seine Abberufung kein Stimmrechtsverbot. Vorliegend war der Verwalter Nichteigentümer, allerdings mindestens von einem Eigentümer zur Stimmrechtsausübung bevollmächtigt. Bereits nach BGH (NJW 2002 S. 3704 = ZMR 2002 S. 930) ist § 25 Abs. 5 WEG als Ausnahmevorschrift restriktiv (einschränkend) auszulegen; erfasst werden nur bestimmte Fälle einer Interessenkollision; Eigentümer sollen aber nicht generell daran gehindert werden, an Entscheidungen über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums mitzuwirken. Insbesondere das Stimmrecht eines Eigentümers als wesentliches Mittel zur Mitgestaltung der Gemeinschaftsangelegenheiten darf deshalb nur unter eng begrenzten Voraussetzungen eingeschränkt werden. Somit darf ein Eigentümer-Verwalter nach der Rechtsprechung des BGH auch bei einheitlicher Beschlussfassung über seine (allerdings nicht außerordentliche) Beendigung des Verwalteramts und das bestehende Vertragsverhältnis mitstimmen. Eine Ausnahme gilt allein beim "Eigentümer-Verwalter" für den Fall einer Abberufungsentscheidung aus dem Verwalteramt aus wichtigem Grund mit außerordentlicher Kündigung des Vertrags. Das Stimmrechtsverbot ergibt sich hier allerdings nicht aus § 25 Abs. 5 WEG, sondern aus dem in den §§ 712 Abs. 1, 737 BGB, §§ 117, 127, 140 HGB enthaltenen allgemeinen Rechtsgedanken, wonach das Mitglied einer Personenvereinigung nicht beteiligt sein soll, wenn über Maßnahmen zu entscheiden ist, welche die Gemeinschaft ihm gegenüber aus wichtigem Grund vornehmen will.

    Ist ein Verwalter nicht selbst Eigentümer und handelt er vielmehr als Vertreter anderer Eigentümer, so geht es damit um deren Rechte zur Mitgestaltung der Gemeinschaftsangelegenheiten. Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Stimmrechtsverbots müssen daher in der Person des Vollmachtgebers liegen, nicht in der des Vertreters. Dessen Teilnahme an der Beratung und an der Stimmabgabe geschieht in Ausübung des Mitgestaltungsrechts der vertretenen Eigentümer und hat lediglich als Reflex möglicherweise eine eigene Begünstigung zur Folge.

  4. Im Übrigen dürfen Vertretern selbst bei Vorliegen eines Stimmverbots Teilnahme-, Rede- und Antragsrechte nicht entzogen werden (vgl. BayObLG, NZM 2002 S. 616). Erfolgt hier ein Teilnahmeausschluss zu Unrecht, sind Beschlüsse auf Anfechtung hin grundsätzlich ungültig. Eine solche Ungültigkeit scheidet ausnahmsweise nur dann aus, wenn im Wesentlichen aus tatrichterlicher ...

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