Zusammenfassung

 
Überblick

Die Erfüllung der in einem Arbeitsvertrag übernommenen Verpflichtungen durch den Arbeitnehmer kann durch Vertragsstrafen gesichert werden. Die Vereinbarung von Vertragsstrafen für den Fall des "Vertragsbruchs" hat in der arbeitsrechtlichen Praxis zunehmend an Bedeutung gewonnen. Ohne wirksame Vertragsstrafe können Arbeitnehmer häufig nicht wirkungsvoll gezwungen werden, Kündigungsfristen einzuhalten oder Wettbewerbsklauseln zu beachten. Insbesondere ist der vertragliche Anspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer auf Leistung der vereinbarten Arbeit nach den Regelungen des Zivilprozessrechts nicht vollstreckbar (§ 888 Abs. 3 ZPO). Auch ist es für den Arbeitgeber häufig schwierig bis unmöglich, dem Arbeitnehmer vor Gericht einen konkreten Schaden nachzuweisen, der durch eine vorzeitige, einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder durch Wettbewerbsverstöße eingetreten ist.

Da seit der Schuldrechtsreform zum 1.1.2002 Arbeitsverträge dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unterstellt worden sind, sind Vertragsstrafen in vorformulierten Arbeitsverträgen aber nur eingeschränkt zulässig.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

In den §§ 339 ff. BGB sind Vertragsstrafen in allgemeiner Form geregelt, unabhängig davon, ob sie in Arbeitsverträgen oder anderen Verträgen enthalten sind. Vertragsstrafen in vorformulierten Arbeitsverträgen werden zusätzlich anhand der §§ 305 ff. BGB (Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen) kontrolliert. Hierzu wurden von der Rechtsprechung des BAG seit 2004 maßgebliche Grundsätze entwickelt.

1 Rechtsgrundlage

Nach §§ 339 ff. BGB kann eine Vertragsstrafe für den Fall vereinbart werden, dass der Schuldner eine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt. Die Vertragsstrafe ist ein vom Gesetzgeber zur Verfügung gestelltes besonderes Rechtsinstitut des Bürgerlichen Rechts für Schuldverhältnisse und kann demgemäß auch in Arbeitsverhältnissen vereinbart werden. Vertragsstrafe im Sinne dieser Bestimmungen ist nur das sog. unselbstständige Strafversprechen, das sich an eine Verbindlichkeit aus dem Arbeitsvertrag anlehnt, um deren Erfüllung es geht. Funktion der Vertragsstrafe ist primär, den Arbeitnehmer überhaupt vom Vertragsbruch abzuhalten (Präventivfunktion). Die Vertragsstrafe bezweckt in erster Linie, einen wirkungsvollen Druck auf den Arbeitnehmer zur Einhaltung seiner Verpflichtungen auszuüben. Weiter entfällt damit für den Arbeitgeber die Pflicht, den im Einzelfall oft schwierigen Nachweis eines Schadens zu führen (Wiedergutmachungsfunktion).

Die Vertragsstrafe bedarf einer besonderen Vereinbarung. Diese kann in einem Arbeitsvertrag und auch in einem Tarifvertrag enthalten sein. In einer Betriebsvereinbarung können grundsätzlich auch Vertragsstrafenvereinbarungen getroffen werden. Eine Betriebsvereinbarung, in der für die Arbeitnehmer Vertragsstrafen begründet werden, ist jedoch dann unwirksam, wenn in der Betriebsvereinbarung bestimmt wird, dass einzelvertragliche Vertragsstrafenversprechen der Betriebsvereinbarung auch dann vorgehen, wenn sie für den Arbeitnehmer ungünstiger sind.[1]

Von der Vertragsstrafe ist die Betriebsbuße zu unterscheiden, mit der Verstöße des Arbeitnehmers gegen die betriebliche Ordnung geahndet werden. Die Betriebsbuße hat also einen kollektiven Bezug.[2] Sie hat ausschließlich Straf- oder Sühnecharakter und soll als Disziplinarmaßnahme die betriebliche Ordnung und Sicherheit festigen. Eine Betriebsbußenordnung bedarf der Zustimmung des Betriebsrats. Da die Vertragsstrafe regelmäßig nicht der betrieblichen Ordnung, sondern rein individualrechtlichen Zwecken dient, unterliegt sie nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats.

Im Ausbildungsverhältnis ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 BBiG unzulässig.

2 Anwendung des AGB-Rechts

Im Zug der Schuldrechtsreform hat der Gesetzgeber seit 1.1.2002 durch weitgehend unveränderte Übernahme der Vorschriften des früheren AGB-Gesetzes in die Bestimmungen der §§ 305 ff. des BGB alle Arbeitsverträge der AGB-Kontrolle unterworfen. Allerdings ist das AGB-Recht auf Vertragsstrafen im Arbeitsverhältnis nur eingeschränkt anwendbar:

In § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB heißt es:

"Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen." Vertragsstrafen sind deshalb in Arbeitsverträgen grundsätzlich zulässig, obwohl dies nach § 309 Nr. 6 BGB bei anderen vorformulierten Verträgen nicht gelten würde.

Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die der Verwender (der Arbeitgeber) dem Arbeitnehmer bei Abschluss des Vertrags stellt. Diese Voraussetzung ist bei den in der Praxis verwendeten Mustervertragsvorlagen schon bei einer beabsichtigten 3-fachen Verwendung erfüllt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genügt es jedoch, wenn die vorformulierten Vertragsbedingungen nur zu...

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