Leitsatz

  1. Umwandlung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum (hier: eines Vorraums) auch nach Unterteilung von Sondereigentum bedarf der Auflassungsform
  2. Einer Gemeinschaft kann nicht Gemeinschaftseigentum "aufgedrängt" werden
  3. Fehlende Zustimmung der übrigen Eigentümer zur Umwandlung eines Teils von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum begründet keine Schadensersatzansprüche
  4. Anspruch auf Umwandlung ist nur dann möglich, wenn sich die bisherige Regelung als untragbar erweist und Änderung dringend geboten ist
 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 WEG; §§ 823 Abs. 1 und 925 BGB

 

Kommentar

  1. Ein klagender Eigentümer hatte sein Sondereigentum ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer unterteilt und forderte von den restlichen Eigentümern Zustimmung, eine Vorraumfläche von etwa 4 bis 5 qm verpflichtend als Gemeinschaftseigentum hinzunehmen. Mangels Zustimmung verklagte er dann die restlichen Eigentümer auf Schadensersatz in Höhe von 50.000 EUR, hilfsweise auf Feststellung, ihm entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen, wenn nicht in bestimmter Frist Zustimmung zur beantragten Neuaufteilung erteilt werde.

    Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

  2. Dem Kläger steht keinerlei Schadensersatzanspruch wegen Verletzung seines Sondereigentumsrechts durch Verhalten der Beklagten zu, da er zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf Zustimmung zur Umwandlung eines Teils seines Sondereigentums in Gemeinschaftseigentum besaß. Umwandlung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum setzt Auflassungsform nach § 925 Abs. 1 BGB und Eintragung im Grundbuch voraus (BGH, NJW 1998 S. 3711 und BayObLG, DNotZ 1999 S. 665). Ein Eigentümer kann auch grundsätzlich nicht einen Teil seines Sondereigentums der Gemeinschaft als Gemeinschaftseigentum aufdrängen. Fehlt es an Zustimmung der restlichen Eigentümer und der betroffenen Pfandgläubiger, ist eine vorgesehene Unterteilung nicht möglich.
  3. Ein Anspruch ergibt sich hier auch nicht aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG, wenn es um sachenrechtliche Zuordnung von Flächen, Gebäudeteilen und Räumen geht. Zustimmungsanspruch zur Umwandlung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum wäre allenfalls über Rücksichtnahmegrundsätze nach § 242 BGB möglich, allerdings auch nur dann, wenn sich die bisherige Regelung als untragbar erweist und eine Änderung dringend geboten ist. Hierfür gab es vorliegend keinerlei Gründe und Anhaltspunkte. Der Kläger verfolgte allein eigene wirtschaftliche Vorteile; dies kann nicht im Zwangsweg gegen die restlichen Eigentümer durchgesetzt werden. Auch von grober Unbilligkeit der Verhaltensweise der restlichen Eigentümer nach § 242 BGB war nicht zu sprechen. Immerhin entsteht für die Gemeinschaft bei Neubegründung von Gemeinschaftseigentum eine sie belastende Verkehrssicherungspflicht; auch die Statik des Gebäudes könnte Probleme aufzeigen. Zudem besteht vorliegend die Befürchtung, der Kläger könne neu gebildetes Sondereigentum von Gewerbe in Wohnfläche ändern, sodass u.U. auch mit Auflagen wegen verpachteter Gewerberaumflächen gerechnet werden müsse. Damit kann in diesem Fall auch offen bleiben, welche tatsächliche Größe die Vorraumfläche besitze und ob ein baurechtswidriger Zustand des Gesamtgebäudes geschaffen würde.
  4. Besteht schon dem Grunde nach keine Haftung, spielt auch die bestrittene Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes keine Rolle. Zu Recht wurde auch in der Vorinstanz (vom Landgericht) das Feststellungsinteresse über den gestellten Hilfsantrag abgelehnt, weil der Kläger in der Lage wäre, seinen behaupteten Schadensersatzanspruch zu beziffern (der hier allerdings bereits dem Grunde nach zurückgewiesen wurde).
 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Urteil v. 31.8.2011, 3 U 44/11, ZMR 2013 S. 54

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