Rz. 156

Da die Eheleute in dem Jahr, in welchem sie sich getrennt haben, grundsätzlich noch die gemeinsame Veranlagung wählen können, und auch oftmals noch nicht die Steuererklärung für das Vorjahr abgegeben haben, stellt sich die Frage nach den Mitwirkungspflichten der Ehegatten zur gemeinsamen Veranlagung.

Die Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB umfasst auch Schutz- und Beistandspflichten. Diese Pflichten bestehen über die Trennung und als Nachwirkung der Ehe auch über die Scheidung hinaus. Da die gemeinsame Veranlagung zu einer Steuerersparnis führt, hat sich aus der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft auch die Pflicht eines jeden Ehegatten an der Mitwirkung entwickelt.[202] Verletzt ein Ehegatte seine Mitwirkungspflicht, macht er sich schadensersatzpflichtig.[203] Entstehen dem zur Zustimmung zur Zusammenveranlagung nach § 26 Abs. 1 EStG Verpflichteten in Folge der Zustimmung steuerliche Nachteile, ist er dennoch zur Zustimmung verpflichtet, wenn der andere sich seinerseits verpflichtet, die ihm aus der Zusammenveranlagung für die Zeit nach der Trennung entstehenden Nachteile zu ersetzen.[204] Die Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung kann daher letztlich nur Zug um Zug[205] gegen die Abgabe der Verpflichtungserklärung verlangt werden, und zwar auch im Klagewege auf Abgabe einer Willenserklärung. Die Zustimmung kann jedoch nicht von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden, und zwar auch dann nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der die Zustimmung Begehrende seiner Verpflichtung zum Nachteilsausgleich nicht nachzukommen bereit oder in der Lage sein wird.[206]

 

Rz. 157

Anders als beim begrenzten Realsplitting kann der Zustimmungspflichtige nach §§ 268 f. AO beim Finanzamt einen Antrag auf Aufteilung der gesamtschuldnerischen Steuerschuld des Inhalts stellen, dass die rückständige Steuer gem. § 270 AO im Verhältnis der Beträge aufzuteilen ist, die sich bei Einzelveranlagung bzw. getrennter Veranlagung ergäben, so dass ihm kein Schaden droht.[207]

 

Rz. 158

Die Pflicht eines Ehegatten zur Zustimmung besteht wie oben bereits dargestellt auch dann, wenn er während des Zusammenlebens steuerliche Verluste erwirtschaftet hat, die er im Wege des Verlustvortrages in einem späteren Veranlagungszeitraum zur Minderung seiner eigenen Steuerlast einsetzen könnte.[208]

[202] BGH, Urteil v. 23.5.2007, XII ZR 250/04, FamRZ 2007, 1229; Siede, in Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 1353, Rn. 12c.
[203] Siede, in Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 1353, Rn. 14 f.
[205] OLG Hamm, Urteil v. 22.8.1989, 7 UF 217/89, FamRZ 1990, 291.

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