Leitsatz

Ein Beschluss über die Vermietung von Gemeinschaftsfreiflächen für die Dauer von 15 Jahren an einen Eigentümer, der dort überdachte offene Terrassenplätze für seine in Gewerbeeinheiten umzubauende Wohnungen errichten möchte, ist unwirksam.

 

Normenkette

WEG §§ 13 Abs. 2, 14, 15

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus 1 Gebäude mit 34 Wohnungseigentumsrechten, 4 Teileigentumsrechten (Läden) sowie einer Tiefgarage mit 23 Kfz-Stellplätzen. Im Rahmen der Eigentümerversammlung vom Februar 2013 erläutert der Verwalter, Wohnungseigentümer W beabsichtige, die 4 Teileigentumsrechte im Erdgeschoss zu Wohnungen umzubauen. Es seien 2 überdachte, offene, kleine Terrassenplätze eingeplant. In der Eigentümerversammlung im Juli 2017 wird das Thema erneut behandelt. Es wird mit Stimmenmehrheit beschlossen, mit W einen Mietvertrag über 2 Grundflächen mit 9,35 Quadratmetern (Wohnung 1, Südosten) und 11,10 Quadratmetern (Wohnung 2, Südwesten) als Terrassenplätze zu schließen. Die Miete soll 37,40 EUR bzw. 44,40 EUR betragen. Die Mietdauer soll bei 15 Jahren liegen.
  2. Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor. Er ist der Ansicht, der Beschluss sei unwirksam. Gemäß §§ 13, 15 WEG sei eine Vermietung von gemeinschaftlichem Eigentum zwar zulässig. Etwas anderes gelte aber, wenn diese für einzelne Miteigentümer nachteilig oder keine adäquate Gegenleistung vereinbart sei. im Fall lägen Nachteile im Sinne vom § 14 Nr. 1 WEG vor. Hierzu würden auf Dauer angelegte Umgestaltungen des gemeinschaftlichen Eigentums zählen. Der Beschluss sei zudem zu unbestimmt. Zudem sei keine adäquate Gegenleistung vereinbart worden. Die beklagten Wohnungseigentümer sind der Ansicht, eine adäquate Gegenleistung liege vor. Hingegen liege kein erheblicher Nachteil im Sinne des § 14 WEG vor.
 

Die Entscheidung

Die Klage hat Erfolg!

  1. Das gemeinschaftliche Eigentum, das aufgrund des angefochtenen Beschlusses an Wohnungseigentümer W vermietet werden solle, stehe im gemeinschaftlichen Eigentum. Jeder Wohnungseigentümer sei gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG nach Maßgabe der §§ 14, 15 WEG zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums berechtigt. Das Recht eines Miteigentümers, gemeinschaftliches Eigentum zu benutzen, könne nicht durch Beschluss völlig ausgeschlossen werden. Die Wohnungseigentümer könnten aber, soweit keine Vereinbarung entgegenstehe, durch Stimmenmehrheit einen der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden ordnungsmäßigen Gebrauch beschließen (§ 15 Abs. 2 WEG).
  2. Ein ordnungsmäßiger Gebrauch im Sinne des § 15 Abs. 2 WEG könne auch in der Vermietung von in gemeinschaftlichem Eigentum stehenden Kellerräumen bestehen, wenn keiner der Wohnungseigentümer einen Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG erleide (Hinweis auf BayObLG v. 14.10.1999, 2Z BR 108/99). Als Grenze der nach § 14 Nr. 1 WEG hinzunehmenden Beeinträchtigung der anderen Wohnungseigentümer sei das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß an Rücksichtnahme anzusetzen. Bei der Bewertung der Erheblichkeit einer Beeinträchtigung im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG sei eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der insbesondere auch die grundrechtlich geschützten Interessen der betroffenen Wohnungseigentümer zu berücksichtigen seien.
  3. Im Fall sei auf der einen Seite zu berücksichtigen, dass im Fall einer – noch nicht vorgenommenen – Umwidmung der betroffenen Ladenlokale das Vorhandensein von Terrassen die Vermietbarkeit und den zu erzielenden Mietzins erhöhen werde. Auf der anderen Seite sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine Vermietung für die Dauer von 15 Jahren handle. Der Vertrag solle lediglich außerordentlich kündbar sein. Es sei zwar eine Rückbauklausel vereinbart worden. Allerdings solle die Umwidmung in Wohnfläche nicht zeitlich begrenzt sein. Es sei daher abzusehen, dass nach Ende der vereinbarten Mietzeit das Bedürfnis der Verlängerung des Mietvertrags bestehe. Bei einer baulichen Umgestaltung für die Dauer von 15 Jahren erscheine auch eine auf Dauer angelegte Veränderung der äußeren Gestalt des Gebäudes als gegeben, sodass auch die gesetzliche Wertung des § 22 WEG zu beachten sei.
 

Kommentar

Anmerkung

Die Entscheidung zählt Gründe auf – begründet aber nicht. Sie enttäuscht daher. Dabei handelt es sich um eine wichtige Frage, die nicht leicht beantwortet werden kann. Was sind die Grundsätze?

  • Über die Frage, ob gemeinschaftliches Eigentum vermietet wird, kann nach herrschender Meinung durch Beschluss entschieden werden (BGH v. 29.6.2000, V ZB 46/99, ZMR 2000 S. 845). In der Vermietung gemeinschaftlichen Eigentums soll eine Regelung der Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 15 Abs. 1 und Abs. 2 WEG zu sehen sein (Kreuzer FS Blank, 2006, S. 651, 653/654). Der Beschluss schaffe die Voraussetzung dafür, dass gemeinschaftliches Eigentum vermietet werden kann und entziehe den Wohnungseigentümern nicht das Recht zur Mitnutzung. Der Beschluss über die Vermietung gemeinschaftlichen Eigentums regle die Art und Weise seiner Ausübung, ind...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge