Leitsatz

Eine Rechtsbeschwerde wegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs ist unzulässig, wenn es der Beschwerdeführer versäumt hat, den Verstoß im Rahmen eines vorinstanzlichen Rechtsmittels zu rügen.

 

Sachverhalt

In einem Insolvenzverfahren hatte der Schuldner die Restschuldbefreiung, das Finanzamt deren Versagung beantragt. Zum Schlusstermin war der Schuldner nicht erschienen, eine nach Erhalt des Terminsprotokolls angekündigte Stellungnahme wurde nicht abgegeben, sodass das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung versagte. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Mit der Rechtsbeschwerde machte der Schuldner nun (erstmals) die Verletzung seines rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG geltend, da er weder zum Schlusstermin geladen noch vom Versagungsantrag des Finanzsamts unterrichtet worden sei.

Zu spät, befand der BGH. Zwar könne eine auf einer Gehörsverletzung beruhende Entscheidung grundsätzlich mit der Rechtsbeschwerde angegriffen werden, wenn auch eine entsprechende Verfassungsbeschwerde erfolgreich gewesen wäre. Für diese gelte aber der "Subsidiaritätsgrundsatz". Hier hätte der Schuldner bereits in den Vorinstanzen alle ihm zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen müssen, um eine Korrektur der von ihm geltend gemachten Grundrechtsverletzung herbeizuführen oder eine solche Grundrechtsverletzung zu verhindern. Es entspreche dem Rechtsgedanken des § 295 ZPO, dass eine Partei eine Gehörsverletzung nicht mehr rügen kann, wenn sie die ihr nach Erkennen des Verstoßes verbliebene Möglichkeit zu einer Äußerung nicht genutzt hat.

Hier hatte der Schuldner weder die nach dem Schlusstermin angekündigte Stellungnahme zum Versagungsantrag abgegeben, noch die angebliche Gehörsverletzung im Beschwerderechtszug gerügt. Mit der sofortigen Beschwerde hätte ihm noch ein Rechtsmittel zur Verfügung gestanden, das zur Überprüfung der Grundrechtsverletzung hätte führen können. Bei dieser Sachlage scheide eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Art. 103 Abs. 1 GG aus.

 

Hinweis

Eine Verletzung der Verfahrensgrundrechte ist sofort nach Erkennen des Verstoßes mit den prozessual zur Verfügung stehenden Mitteln zu rügen. Ist noch ein Rechtsmittel gegen die auf der gerügten Verfahrensverletzung beruhende Entscheidung gegeben, das (auch) zur Überprüfung der Verletzung führen kann, kann diese nachträglich nicht mehr unter Berufung auf die fehlende Gewährung rechtlichen Gehörs erfolgreich mit der Rechtsbeschwerde angegriffen werden.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss vom 06.05.2010, IX ZB 225/09.

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