Leitsatz

Der BGH hat sich in dieser Entscheidung primär mit zwei Themenschwerpunkten auseinandergesetzt. Dabei handelt es sich zum einen um den Umfang der Erwerbsobliegenheit eines betreuenden Elternteils sowie die unterhaltsrechtliche Bedeutung einer an den Unterhaltsschuldner gezahlten Abfindung wegen Verlustes seines Arbeitsplatzes.

 

Sachverhalt

Die Antragsgegnerin begehrte nachehelichen Unterhalt ab Rechtskraft der Scheidung. Sie war im Umfang von 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig und betreute drei gemeinsame Kinder im Alter von 12, fast 15 und 17 Jahren. Vor der Eheschließung hatte sie eine Ausbildung zur Krankenschwester abgebrochen.

Das AG hatte den Antragsteller zur Zahlung von Betreuungsunterhalt verurteilt. Das OLG hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt mit der Begründung, bei Rechtskraft der Scheidung seien die gemeinsamen Kinder zwar bereits zwischen 12 und 17 Jahre alt gewesen. Außerhalb der Schulzeiten der Kinder bestehe jedoch weiterhin Bedarf für ihre Betreuung und Erziehung, die von der Antragsgegnerin neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nicht zu bewältigen sei.

Alle drei Kinder gingen sportlichen Aktivitäten außerhalb ihres Wohnortes nach, die erhebliche Fahrleistungen der Antragsgegnerin erforderten. Den Kindern sei zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht zuzumuten, die Fahrten selbständig unter Inanspruchnahme des unzureichenden Nahverkehrs durchzuführen oder ihre sportlichen Aktivitäten an einem mit öffentlichen Verkehrsmitteln besser zu erreichenden Ort wahrzunehmen.

Darüber hinaus bedürfe das jüngste Kind unverändert einer Hausaufgabenbetreuung. Es existiere kein Erfahrungssatz dahingehend, dass ein Kind in diesem Alter das bereits alleine leisten könne.

Ferner müsse beachtet werden, dass die Antragsgegnerin durch die parallele 30-stündige Erwerbstätigkeit und die Kinderbetreuung erheblich belastet sei. Diese Belastung werde durch die Befreiung vom Barunterhalt nicht ausreichend aufgewogen, da die Antragsgegnerin im Rahmen ihres Quotenunterhalts, der erst nach Abzug des Kindesunterhalts ermittelt werde, anteilig den Barunterhalt mit trage.

Ihr sei lediglich eine Teilzeitbeschäftigung von 30 Wochenstunden während des Schulbesuchs der Kinder zumutbar. Sie könne auch lediglich eine Festanstellung als ungelernte Kraft finden. Im Hinblick auf die beiderseitigen Einkünfte schulde der Antragsteller Unterhalt i.H.v. monatlich 938,00 EUR. Die Voraussetzungen für eine Befristung und/oder Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578b BGB seien derzeit nicht gegeben.

Hiergegen richtete sich die Revision des Antragstellers, die ohne Erfolg blieb.

 

Entscheidung

Der BGH hat die Revision des Antragstellers zurückgewiesen. In seiner Begründung hat er dabei an seine bereits in der Vergangenheit wiederholt aufgezeigten Grundsätze zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts gemäß § 1570 BGB nach Inkrafttreten des UÄndG am 1.1.2008 angeknüpft. Bei der Billigkeitsabwägung zur Verlängerung des Basisunterhalts seien vorrangig die Belange des Kindes und die Möglichkeit zu prüfen, ob und in welchem Umfang nach den individuellen Umständen die Kindesbetreuung auf andere Art und Weise als durch elterliche Eigenbetreuung gesichert sei oder gesichert werden könnte. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass keine kindgerechte Einrichtung zur Verfügung stehe oder aus besonderen Gründen die persönliche Betreuung erforderlich sei, obliege dem Unterhaltsgläubiger. An die Darlegung der kindbezogenen Gründe seien jedoch keine überzogenen Ansprüche zu stellen. Zu beachten seien zudem besondere Bedürfnisse des Kindes, etwa aus sportlichen oder musischen oder anderen Aktivitäten folgend sowie die Frage, ob das Kind diese Termine selbständig wahrnehmen könne oder auf Fahrleistungen der Eltern angewiesen sei.

Ferner seien schulische Anforderungen an die Mitarbeit der Eltern in die Abwägung einzubeziehen. Zwar sei im Ausgangspunkt die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung zurzeit des Zusammenlebens der Familie von Bedeutung. Grundsätzlich müssten jedoch von dem betreuenden Elternteil und den Kindern organisatorische Veränderungen oder auch eine teilweise Einschränkung der Aktivitäten in Kauf genommen werden.

Zu prüfen sei weiter, inwieweit eine mögliche Erwerbstätigkeit mit den Zeiten der Kinderbetreuung vereinbar sei, wobei hier neben der Zahl der zu betreuenden Kinder den Besonderheiten der Tätigkeit, so z.B. bei Schichtarbeit, Rechnung zu tragen sei. Auch bei einer gegebenen Erwerbsmöglichkeit sei allerdings kein abrupter Wechsel, sondern nur ein gestufter Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollerwerbstätigkeit zu verlangen. Außerdem dürfe die verlangte Erwerbstätigkeit neben der zu leistenden Betreuung nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreuenden Elternteils führen.

Auch wenn das Kind ganztags in einer kindgerechten Einrichtung betreut werde, seien regelmäßig am Morgen sowie am Nachmittag und am Abend weitere Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu erbringen, die je nach dem individu...

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