Leitsatz

Dauert es nach einem Unfall lange, bis das neue Fahrzeug für das zerstörte geliefert werden kann, stellt sich für die Übergangszeit die Frage nach der Finanzierung eines Interimsfahrzeugs. Hier hat nun der BGH Grundsätze formuliert wann und wie lange die Versicherung dem Geschädigten einen "fahrbaren Ersatz-Untersatz" finanzieren muss.

 

Sachverhalt

Der BGH hatte folgenden Fall zu entscheiden: Der Kläger forderte nach einem Verkehrsunfall vom Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs des Unfallgegners Nutzungsausfallentschädigung. Das Fahrzeug des Klägers wurde bei einem Auffahrunfall am 11.10.2005 total beschädigt. Die 100 %ige Haftung des Unfallgegners war unstreitig.

Der Kläger mietete für den zum Kauf eines Ersatzfahrzeugs erforderlichen Zeitraum von 14 Kalendertagen ein Ersatzfahrzeug. Bereits im April 2005 hatte der Kläger ein Neufahrzeug bestellt, das erst im Dezember 2005 geliefert werden sollte. Mit Schreiben vom 17.10.2005 teilte er der beklagten Versicherung mit, dass er bis zum Zeitpunkt der Lieferung des Neufahrzeugs Nutzungsausfall geltend machen werde, falls die Beklagte nicht innerhalb einer Woche ihr Veto einlegen würde. Die Beklagte reagierte hierauf nicht. Das Amtsgericht hat der Klage auf vollständigen Ersatz des Nutzungsausfallschadens stattgegeben. Auf Berufung der Beklagten hat das LG die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Der BGH wies den Anspruch auf Nutzungsausfall bis zur Anschaffung des Neufahrzeuges endgültig ab.

Dies kam etwas überraschend, weil in einem ähnlich gelagerten Fall der BGH zuvor Nutzungsausfall bis zum Erhalt des Neufahrzeugs gewährt hatte.

Der zuvor entschiedene Fall lag aber insofern anders, als es sich schon bei dem beschädigten Fahrzeug um ein Neufahrzeug handelte. Der Anspruch des Geschädigten ging daher von vorneherein auf Anschaffung eines Neufahrzeugs. Auch in diesem Fall hätte der Geschädigte aber ein Interimsfahrzeug erwerben müssen, wären nicht die zusätzlichen Kosten für dessen Erwerb annähernd genau so hoch gewesen, wie die Entschädigung für die zusätzliche Nutzungszeit eines Leihfahrzeugs.

Der BGH vertrat die Auffassung, dass Nutzungsersatz über den für die Beschaffung eines dem Unfallfahrzeug gleichwertigen Ersatzfahrzeugs hinaus nur zugebilligt werden kann,

  • wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Nutzungsausfallentschädigung die wirtschaftlichen Nachteile, die mit der Anschaffung und dem Wiederverkauf eines Ersatzfahrzeugs zusätzlich entstehen würden, nicht wesentlich übersteigt.
  • Ferner, dass – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – auch die hypothetischen Zusatzkosten für die Anschaffung eines Interimsfahrzeugs nicht zu ersetzen sind, lediglich die tatsächlich entstandenen Kosten können verlangt werden. Hypothetische Kosten sind keine adäquaten Folgeschäden eines Unfallereignisses.
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 10.3.2009, VI ZR 211/08.

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