Leitsatz

  1. Die 3-jährige Verjährungsfrist für Wohngeldvorschussansprüche beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem die Vorschüsse fällig wurden
  2. Der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung führt nicht zu einem Neubeginn der Verjährung von Wohngeldvorschüssen
  3. Der Jahresabrechnungsbeschluss führt zu einer Anspruchsbegründung nur hinsichtlich der sog. Abrechnungsspitze, d.h. des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrags, welcher die nach Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigt
  4. Vorschusszahlungsverpflichtungen bleiben unabhängig davon bestehen, ob zwischenzeitlich ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat
  5. Ein Jahresabrechnungsgenehmigungsbeschluss führt auch nicht zu einer Verdoppelung des Rechtsgrundes für rückständige Vorschüsse in dem Sinn, dass sie sowohl aus Wirtschaftsplan als auch durch den Jahresabrechnungsbeschluss geschuldet wären
  6. Wohngeldvorschusszahlungen nach Wirtschaftsplan sind das notwendige zentrale Finanzierungsinstrument der Wohnungseigentümergemeinschaft
  7. Die verstärkende Wirkung des Abrechnungsgenehmigungsbeschlusses besteht allein darin, dass der für Vorschusszahlungen bestehende Korrekturvorbehalt entfällt und naturgemäß bestehende Unsicherheiten aus Wirtschaftsplan beseitigt werden
  8. Rückständige Vorschüsse und Abrechnungsspitzen aus der Jahresabrechnung können allerdings zu einer Forderung zusammengezogen werden
  9. Eine bereits bestehende Wohngeldzahlungspflicht kann nicht durch Mehrheitsbeschluss (Abrechnungsgenehmigung) erneut begründet werden, um auf diese Weise den Lauf der Verjährungsfrist zu beeinflussen (vgl. bereits BGH, Urteil v. 9.3.2012, ZfIR 2012 S. 365 = NZM 2012 S. 565 = ZMR 2012 S. 642)
  10. Wohngeldinkassobevollmächtigter Verwalter kann auch ohne gesonderten Beschluss einen Anwalt beauftragen
 

Normenkette

§ 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG a.F., § 28 WEG; § 199 BGB

 

Kommentar

  1. Grundsätzlich ist der Verwalter nicht kraft Gesetzes berufen, Ansprüche der Eigentümer oder des Verbandes gerichtlich geltend zu machen. Allerdings können Eigentümer den Verwalter durch Beschluss oder Vereinbarung bevollmächtigen, ihnen oder der Gemeinschaft zustehende Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Insoweit kann der Verwalter im Umfang erteilter Vertretungsmacht auch ohne besonderen Eigentümerbeschluss einen Rechtsanwalt beauftragen (h.M., vgl. bereits BayObLGZ 1988 S. 287/289).

    Vorliegend war der Verwalter bereits nach Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung berechtigt, den Wohngeldinkassoprozess zu führen, und zwar entweder im eigenen Namen oder auch als Bevollmächtigter der Gemeinschaft (wie vor Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft üblich). Eine solche Vereinbarungsregelung ist ergänzend dahin auszulegen, dass auch Ansprüche umfasst werden, die heute nicht mehr den Eigentümern, sondern der Gemeinschaft als teilrechtsfähigem Verband zustehen. Auch Erteilung einer allgemein gehaltenen Ermächtigung in der Gemeinschaftsordnung war und ist zulässig (h.M. auch im Hinblick auf § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG n.F.).

  2. Ein Eigentümer kann seine Vorschusszahlungsverpflichtungen nach Wirtschaftsplan auch nicht unter Hinweis auf bisher fehlende Jahresabrechnung zurückbehalten, zumal vieles sogar dafür spricht, Zurückbehaltungsrechte gegenüber laufenden und rückständigen Wohngeldlasten wegen der Natur solcher Schulden ohnehin als generell oder zumindest weitgehend ausgeschlossen anzusehen (h.M.). Selbst mit Zinserträgen aus Nutzungen des Gemeinschaftseigentums kann ein Schuldner nicht aufrechnen. Erst wenn die Jahresabrechnung, in die solche Erträge einzustellen sind, einen Überschuss ergeben und Eigentümer beschließen, diesen Überschuss anteilig an die Eigentümer auszukehren, entsteht für den einzelnen Eigentümer ein Zahlungsanspruch.
  3. Der Wohngeldanspruch der Gemeinschaft nach Wirtschaftsplan entsteht in verjährungsrechtlicher Hinsicht zu dem Zeitpunkt, zu dem Zahlungen zu leisten sind. Die 3-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt folglich am Ende des Jahres, in dem der jeweilige Vorschuss fällig wurde (§ 199 Abs. 1 BGB).
  4. Ein Beschluss der Eigentümer über die Jahresabrechnung führt hier nicht zu einem Neubeginn der Verjährung für Vorschussansprüche aus Wirtschaftsplan.

    Beschlussweise Genehmigung der Jahresabrechnung wird anspruchsbegründend nur hinsichtlich der sog. Abrechnungsspitze, d.h. hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrags, welcher die im Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigt (BGH, Beschluss v. 30.11.1995, V ZB 16/95 und BGH v. 23.9.1999, ZMR 1996 S. 215/216 sowie BGH, Urteil v. 4.12.2009, ZMR 2010 S. 300, 302). Durch frühere Beschlüsse entstandene Zahlungsverpflichtungen bleiben hiervon unberührt, insbesondere solche auf Vorschusszahlung nach Wirtschaftsplan des abzurechnenden Jahres gemäß § 28 Abs. 2 WEG (vgl. auch BGH, Urteil v. 9.3.2012, ZfIR 2012 S. 365 = ZMR 2012 S. 642 = NZM 2012 S. 565). Dies gilt auch unabhängig davon, ob zwischenzeitlich ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat...

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