Leitsatz

Die Wohnungseigentümer können ihre Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter vergemeinschaften.

 

Normenkette

WEG § 28 Abs. 3, Abs. 5, § 49 Abs. 2

 

Das Problem

  1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verauslagt in 3 Anfechtungsklagen (Gegenstand sind jeweils Genehmigungsbeschlüsse nach § 28 Abs. 5 WEG gegenüber den Abrechnungen) die Kosten der Prozessbevollmächtigten der verklagten Wohnungseigentümer jeweils aus dem Verwaltungsvermögen. Die Kosten werden sodann im Rahmen der jeweiligen Abrechnungen auf die Wohnungseigentümer mit Ausnahme des klagenden Wohnungseigentümers verteilt.
  2. Im Jahr 2016 teilt der neue Verwalter V den Wohnungseigentümern mit, er meine, der alte Verwalter B habe wegen der 3 angefochtenen Abrechnungen seine Pflichten verletzt. Die Gerichts- und Anwaltskosten hierfür beliefen sich auf 45.402,44 EUR. Die Wohnungseigentümer beschließen daraufhin, B auf Schadensersatz zu verklagen.
  3. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K klagt daraufhin gegen B. B meint, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer habe keinen Schaden erlitten. Im Übrigen stünde einer Verurteilung entgegen, dass das Amtsgericht (AG) in den jeweiligen Verfahren davon abgesehen habe, ihm die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 49 Abs. 2 WEG aufzuerlegen.
  4. Das AG weist die Klage mit der Begründung ab, Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter stellten Individualansprüche der Wohnungseigentümer dar. K habe diese Ansprüche "auch nicht durch Beschluss an sich ziehen können", da ihr "dafür die Kompetenz fehle". Es fehle an der Gemeinschaftsbezogenheit der Ansprüche, da sich mittlerweile die Wohnungseigentümer geändert haben könnten. Überdies seien die Wohnungseigentümer, die über eine Rechtsschutzversicherung verfügten, nicht mehr Anspruchsinhaber.
  5. Hiergegen wendet sich K mit ihrer Berufung. Sie ist der Ansicht, zur Geltendmachung der Ansprüche befugt zu sein. Da der Verwaltervertrag zwischen B und ihr geschlossen worden sei, stünden die aus dem Verwaltervertrag resultierenden Ansprüche, insbesondere Schadensersatzansprüche wegen einer schuldhaften Verletzung des Verwaltervertrages, ihr aus eigenem Recht zu. Der Beschluss, gegen B zu klagen, sei nicht nichtig, da er auf der Grundlage von § 21 Abs. 3 WEG gefasst worden sei. Unstreitig seien die im Rahmen der zuvor geführten Anfechtungsklagen entstandenen Kosten aus dem Verwaltungsvermögen entrichtet worden. Durch diese unberechtigte Entnahme habe B schuldhaft seine ihr obliegenden Vertragspflichten zur ordnungsgemäßen Geldverwaltung verletzt und hafte ihr auf Ersatz des hierdurch im Verwaltungsvermögen entstandenen Schadens. Eine Inanspruchnahme der jeweiligen Rechtsschutzversicherungen seitens einzelner Wohnungseigentümer habe es nicht gegeben.
 

Die Entscheidung

Die Berufung hat überwiegend Erfolg. K könne von B Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB, § 27 WEG i.V.m. dem Verwaltervertrag verlangen.

Inhaber des Anspruchs

  1. K sei Inhaberin des Anspruchs. Der Verwaltervertrag werde zwischen dem Verwalter und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geschlossen, sodass Ansprüche aus der Verletzung des Verwaltervertrags grundsätzlich nur der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zustünden. Damit sei K auch ohne ermächtigenden Beschluss jedenfalls zur Geltendmachung eines aufgrund der Verletzung von Pflichten aus dem Verwaltervertrag in ihrem Verwaltungsvermögen entstandenen Schadens berechtigt.
  2. Im Fall handele es sich allerdings nicht um einen behaupteten Schaden der K, da es um die Kosten von 3 erfolgreich durchgeführten Anfechtungsklagen ginge. Diese Kosten stellten keine Kosten der Verwaltung dar, weil Anfechtungsklagen einzelner Wohnungseigentümer nur das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander beträfen. In diesen individuellen Rechtsstreitigkeiten seien die Kosten der Rechtsverfolgung grundsätzlich von den Parteien selbst zu tragen.
  3. Die Führung eines Rechtsstreits über eine Anfechtungsklage werde auch nicht dadurch zu einer "geborenen Gemeinschaftsangelegenheit", dass der Verwalter nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG befugt sei, die Rechtsverteidigung der übrigen Wohnungseigentümer zu organisieren und mit der Vertretung der verklagten Eigentümer einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Der Verwalter handele insoweit als Vertreter der einzelnen Eigentümer und nicht als Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.
  4. Ungeachtet dessen sei K jedoch aufgrund der im Beschluss enthaltenen Befugnis zur Geltendmachung der Ansprüche berechtigt. In diesem – bestandskräftigen – Beschluss liege die Übertragung der Prozessführungsbefugnis auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Der Beschluss sei jedenfalls nicht wegen fehlender "Zugriffskompetenz" nichtig. Für die Frage der Zugriffskompetenz sei entscheidend, ob die Geltendmachung der Ansprüche einer einheitlichen Rechtsverfolgung zwar nicht bedürfe, ihr aber zugänglich sei. Der Gemeinschaft werde ein Zugriffsermessen eingeräumt, welches sich sogar auf "null" reduzieren könne, wenn "übergeordnete Interessen" ein Handeln der Gemeinschaft der Wohnungseigentü...

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