Leitsatz

Zieht die Wohnungseigentümergemeinschaft die Durchsetzung von Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüchen wegen Störungen des gemeinschaftlichen Eigentum durch Beschluss an sich, so begründet sie damit ihre alleinige Zuständigkeit für die gerichtliche Geltendmachung.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 6 Satz 3 Hs. 2; § 1004 BGB

 

Das Problem

  1. Erlanger Wohnungseigentümer fassen in ihrer Versammlung vom 14.5.2011 folgenden Beschluss:

    "Die Wohnungseigentümer beschließen, dass die ihnen aus ihrem Eigentum zustehenden Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche wegen der gewerbsmäßigen Prostitution im Objekt (…), gemeinschaftlich durch den Verband (…) geltend gemacht werden sollen. Die Verwaltung wird beauftragt, einen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Durchsetzung der Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche zu den üblichen Rechtsanwaltsgebühren zu beauftragen."

  2. Ungeachtet dieses Beschlusses geht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht gegen Wohnungseigentümer B, der sein Sondereigentum zu Zwecken der Prostitution vermietet, vor. Daher verlangt im Jahr 2012 allein Wohnungseigentümer K von B, es zu unterlassen, seine Wohnung zum Betrieb eines Bordells oder zur sonstigen Ausübung der Prostitution zu nutzen oder die Räumlichkeiten Dritten zum Zweck des Betriebs eines Bordells oder zur Ausübung der Prostitution zu überlassen. Das Amtsgericht weist die Klage als unzulässig ab. Auch die Berufung des K zum LG Nürnberg ist erfolglos. Die Wohnungseigentümer hätten durch den Beschluss vom 14.5.2011 eine Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer begründet. Zu den gemeinschaftsbezogenen Ansprüchen im Sinne dieser Norm gehörten auch Ansprüche aus § 1004 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG gegen den einzelnen Wohnungseigentümer, sofern es um Störungen gehe, die sich auf das gemeinschaftliche Eigentum auswirkten und dessen Substanz oder Nutzung beeinträchtigten. Mit der Revision verfolgt K sein Klageziel weiter.
 

Die Entscheidung

  1. Ohne Erfolg! Die Vorinstanzen hätten die Klage mit zutreffender Begründung als unzulässig angesehen.
  2. Im Ausgangspunkt kämen wegen der Ausübung von Prostitution im Sondereigentum des Beklagten individuelle Unterlassungsansprüche der anderen Wohnungseigentümer nach § 15 Abs. 3 WEG in Betracht. In einem nicht ordnungsmäßigen Gebrauch läge eine Eigentumsbeeinträchtigung, die Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch gem. § 1004 Abs. 1 BGB sei (Hinweis auf BGH v. 16.5.2014, V ZR 131/13, NJW 2014 S. 2640 Rn. 7).
  3. Für Unterlassungsansprüche aus dem Miteigentum am Grundstück bestehe keine geborene Ausübungsbefugnis des Verbands gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 1. Halbsatz WEG, die zur Folge hätte, dass sie von vornherein nur durch den "Verband" geltend gemacht werden könnten (Hinweis u.a. auf BGH v. 4.7.2014, V ZR 183/13, NJW 2014 S. 2861 Rn. 22 und BGH v. 7.2.2014, V ZR 25/13, NJW 2014 S. 1090 Rn. 6). Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 2. Halbsatz WEG aber berechtigt, den Anspruch durch Beschluss "an sich" zu ziehen und sodann in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend zu machen (gekorene Ausübungsbefugnis; Hinweis u.a. auf BGH v. 4.7.2014, V ZR 183/13, NJW 2014 S. 2861 Rn. 22 und BGH v. 7.2.2014, V ZR 25/13, NJW 2014 S. 1090 Rn. 6). Hierfür reiche es – jedenfalls außerhalb des Bereichs der Sachmängelhaftung (Hinweis auf BGH v. 12.4.2007, VII ZR 236/05, BGHZ 172 S. 42, Rn. 20) – schon aus, dass die Rechtsausübung durch den Verband förderlich sei (Hinweis u.a. auf BGH v. 7.2.2014, V ZR 25/13, NJW 2014 S. 1090 Rn. 6 und BGH v. 8.2.2013, V ZR 238/11, NJW 2013 S. 3092 Rn. 13). So liege es hier.
  4. Weil die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach einer Vergemeinschaftung im eigenen Namen vorgehen könne, sei ein Wohnungseigentümer – hier K – für eine Klage mit "diesem" Streitgegenstand nicht (mehr) prozessführungsbefugt. Im Bereich der Sachmängelhaftung sei dies geklärt (Hinweis auf BGH v. 12.4.2007, VII ZR 236/05, BGHZ 172 S. 42, Rn. 21 und BGH v. 15.1.2010, V ZR 80/09, NJW 2010 S. 933 Rn. 9). Gehe es um Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche, gelte nichts anderes. Zwar werde teilweise angenommen, die Wohnungseigentümer könnten solche Ansprüche neben der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend machen (Hinweis u.a. OLG München v. 16.11.2007, 32 Wx 111/07, NZM 2008 S. 87, 89, OLG Hamburg v. 24.10.2008, 2 Wx 115/08, ZMR 2009 S. 306 f. und Schmid, NZM 2009, S. 721 f.). Die Gegenauffassung sehe in solchen Fallkonstellationen indessen zu Recht allein den Verband als ausübungsbefugt an (Hinweis u.a. auf OLG Hamm v. 5.11.2009, I-15 Wx 15/09, ZWE 2010 S. 44 f., LG Köln v. 14.3.2013, 29 S 181/12, ZWE 2014 S. 94 f. und Elzer, in Riecke/Schmid, WEG, 3. Aufl. 2010, § 10 Rn. 426). Für die alleinige Rechtsverfolgungskompetenz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer spreche schon der Wortlaut des § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG (Hinweis auf Wenzel, NZM 2008, S. 74, 76). In der Gesetzesbegründung zu § 10 WEG werde zwar ausgeführt, dass "die nach geltendem Recht zulässige Konkurrenz der Verfolgung von Individual...

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