In den Bereichen, in denen die Eigentümergemeinschaft als Rechtssubjekt selbst nicht handeln kann, sind die Inhaber der Rechte und Pflichten nach dem WEG die Wohnungseigentümer in ihrer Eigenschaft als Mitglieder einer Bruchteilsgemeinschaft. Hiervon betroffen sind insbesondere Individualansprüche der Wohnungseigentümer etwa auf Unterlassung einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung oder Beseitigung einer baulichen Veränderung. Diese können sie allerdings nur geltend machen, wenn sie durch die zweckbestimmungswidrige Nutzung oder bauliche Veränderung konkret in ihrem Sondereigentum beeinträchtigt werden. Ansonsten sind die Unterlassungs- bzw. Beseitigungsansprüche wiederum durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend zu machen.

 
Praxis-Beispiel

Die Intensivpflege- und Beatmungs-WG

Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht insgesamt aus 10 Sondereigentumseinheiten. Das Erdgeschoss ist in der Teilungserklärung als "Büroetage" bezeichnet. Daneben befinden sich in den oberen Etagen ausschließlich Wohnungen. In der Gemeinschaftsordnung ist geregelt, dass die "Büroetage" zur Nutzung als Büro vorgesehen ist und die Wohnungen ausschließlich Wohnzwecken dienen. Die Teileigentümerin Müller betreibt in der Büroetage eine Intensivpflege- und Beatmungs-WG. Insgesamt werden dort 5 schwer kranke Personen von täglich mindestens 2 Pflegekräften versorgt. Daneben wird die Einrichtung ebenfalls täglich von medizinischen Fachkräften frequentiert und Besuchern der schwer kranken Patienten. Im Zuge des Abtransports verstorbener Patienten und der Einlieferung neuer, kam es bereits zu sichtbaren Beschädigungen im Eingangsbereich der Wohnanlage.

Da die Patienten rund um die Uhr an Überwachungsgeräte zur Überprüfung ihres Gesundheitszustands angeschlossen sind, die akustische Alarmsignale senden, soweit sich der Gesundheitszustand temporär verschlechtert, kommt es häufig nachts zu Störungen in den beiden über der Büroeinheit gelegenen Wohnungen der Eigentümer Meier und Schmidt. In diesen sind diese Alarmsignale nämlich zu hören. In den höher gelegenen Etagen sind die Signaltöne nicht zu vernehmen.

Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten, wobei diese Pflicht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber besteht. Zunächst ist also ihr Rechtskreis betroffen. Sowohl bei typisierender als auch bei konkreter Betrachtungsweise ist die Nutzung als Intensivpflege aufgrund der damit verbundenen stärkeren Inanspruchnahme des Teileigentums (hochfrequentierte Nutzung, Beschädigungen im Eingangsbereich) mit größeren Beeinträchtigungen verbunden, als dies bei einer zweckbestimmungsgemäßen Nutzung der Fall wäre; ein Unterlassungsanspruch besteht also. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer muss nun diesen Anspruch nicht an sich ziehen, die Ausübungsbefugnis verleiht ihr § 9a Abs. 2 WEG. Freilich muss aber dennoch ein Beschluss darüber gefasst werden, den Unterlassungsanspruch auch geltend zu machen.

Neben dem Rechtskreis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist allerdings auch der Rechtskreis der beiden Eigentümer der über der Büroeinheit gelegenen Wohnungen betroffen. Durch die dort vernehmbaren Signaltöne ist ihr Sondereigentum direkt beeinträchtigt. Insoweit regelt § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG die Verpflichtung eines jeden Wohnungseigentümers gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern, deren Sondereigentum nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinaus zu beeinträchtigen. Eine über dieses Maß hinaus gehende Beeinträchtigung liegt aber vor, da es bei zweckbestimmungsgemäßer Nutzung als Büro keiner Überwachungsgeräte bedarf. Auch diesen beiden Wohnungseigentümern steht also ein Unterlassungsanspruch zu, der aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG i. V. m. § 1004 BGB resultiert. Die beiden Eigentümer können nun die Teileigentümerin auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Ihr Unterlassungsanspruch ist allerdings auf die Störung durch die Überwachungsanlage beschränkt. Die Unterlassung der zweckbestimmungswidrigen Nutzung insgesamt können sie nicht begehren.

Machen einzelne Wohnungseigentümer entsprechende Individualansprüche geltend, so ist die Parteibezeichnung wiederum denkbar einfach. Kläger und Beklagter sind namentlich und unter Angabe ihrer ladungsfähigen Anschrift zu bezeichnen. Bei der ladungsfähigen Anschrift handelt es sich in aller Regel um die Wohnanschrift oder Geschäftsanschrift. Die übrigen Wohnungseigentümer oder der Verwalter sind ebenso nicht zu bezeichnen wie die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, da alle nicht verfahrensbeteiligt sind.

Das korrekte Rubrum würde wie folgt aussehen:

 
Praxis-Beispiel

Rubrum

Klage

in der Wohnungseigentumssache

1. des Herrn Walter Meier, Dorfstraße 8, 79294 Sölden

2. des Herrn Peter Schmidt, Dorfstraße 8, 79294 Sölden

- Kläger -

gegen

Frau Petra Müller, Dorfstraße 8, 79294 Sölden

- Beklagte -

Da die übrigen Wohnungseigentümer und die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht verfahrensbeteiligt sind, ...

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