Leitsatz

Vereinbarungswidriger und damit nicht nichtiger Kostenverteilungsbeschluss über eine Tiefgaragendecken-Sanierung in einer Mehrhausanlage

 

Normenkette

§§ 23 Abs. 1 und Abs. 4, 25 WEG

 

Kommentar

  1. In einer Mehrhausanlage gab es 3 Wohnblöcke mit insgesamt 74 Wohnungen und eine Tiefgarage als eigenes Sondereigentum (mit 36 Stellplätzen). Vereinbart war in der Gemeinschaft Betriebskostentragung von allen Wohnungseigentümern und Miteigentümern des Teileigentums (Tiefgarage) im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile. Schon 1977 wurde in einer Eigentümerversammlung Kostentrennung für die Wohnungen und die Garagen beschlossen. In einer Eigentümerversammlung von 1999 beschlossen die Tiefgarageneigentümer mehrheitlich, für die Sanierung der Tiefgaragendecke einen Kostenvorschuss von DM 4.200,- je Eigentümer zu erheben. Der Beschluss wurde bestandskräftig.
  2. Der die Zahlungspflicht der Antragsgegnerin (einer Garagen-Miteigentümerin) begründende Eigentümerbeschluss von 1999 ist nicht wegen absoluter Beschlussunzuständigkeit der Wohnungseigentümerversammlung nichtig. Im Beschluss geht es um die einmalige Zahlung eines Geldbetrags, ohne sich auf die Grundordnung der Gemeinschaft zu beziehen. Sollte er dem vereinbarten Verteilungsschlüssel widersprechen, ist von Vereinbarungswidrigkeit und nicht Nichtigkeit auszugehen. Es handelt sich nicht um eine Regelung, die weitere Maßnahmen in der Zukunft legitimieren soll, sondern um eine Einzelfallentscheidung, die sich mit ihrem Vollzug erschöpft. Der Beschluss von 1999 ist auch nicht deshalb nichtig, weil an der Abstimmung nur die Garageneigentümer beteiligt wurden. Selbst wenn ein Abstimmungsmangel vorgelegen haben sollte, hätte dies nur die Anfechtbarkeit des Beschlusses begründet, nicht aber zu seiner Nichtigkeit geführt. Es hat nicht ein absolut unzuständiges Gremium entschieden, sondern der Beschluss wurde in einer Wohnungseigentümerversammlung gefasst.
 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 30.10.2003, 2Z BR 155/03

Anmerkung

Vorliegend gab es ein eigenständiges Tiefgaragen-Teileigentum (aufgeteilt wohl auch in 36 Bruchteile mit 36 stellplatznutzenden Bruchteilsmiteigentümern in dieser Einheit). Interne Verwaltungsentscheidungen in einer solchen Bruchteilseigentümergemeinschaft regeln sich nach den §§ 741 ff., 745 BGB. Entscheidet nun eine solche Bruchteilsgemeinschaft bestimmte Verwaltungsthemen vor, während oder nach einer übergeordneten Wohnungseigentümerversammlung, erachte ich eine solche, i. Ü. eine absolute Anteilsmehrheit erfordernde Beschlussentscheidung nicht als einen Beschluss im Sinne des Wohnungseigentumsrechts. Aus Sicht des WEG handelt es sich insoweit um einen Nichtbeschluss, der insoweit also auch nicht den Abgrenzungskriterien eines anfechtbaren oder nichtigen Beschlusses und der Bindungswirkungsregelung des § 10 Abs. 3, 4 WEG unterliegt. Bei solchen allein internen Gruppenentscheidungen einer bestimmten Eigentümergruppe wurde der Nichtbeschluss-Charakter einer solchen Entscheidung bereits vor Jahren auch durch das BayObLG herausgestellt. Meiner Auffassung nach kann es hier nicht darauf ankommen, wo und wann eine solche Eigentümergruppe eine allenfalls intern wirksame Entscheidung trifft. Hier geht es also nicht um evtl. Abstimmungsfehler der Beschlussfassung in einer Eigentümerversammlung. Über die Frage der Sanierung einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Tiefgaragendecke konnte m. E. nur die Gesamtgemeinschaft entscheiden, ob nun vereinbarungskonform oder vereinbarungswidrig (mit entsprechendem Beschlussanfechtungsrisiko). Ist – wie hier – in der Gemeinschaftsordnung der Verteilungsschlüssel für Betriebskosten nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG vereinbart, bezieht sich diese Verteilung in wohl allein möglicher und richtiger Auslegung auf die (alle) Anteile der einzelnen Sondereigentumseinheiten. Die Tiefgarage mit ihren Bruchteilsmiteigentümern besitzt insoweit im Verhältnis zu den restlichen Wohnungseigentümern nur einen Miteigentumsanteil. Ein interner Beschluss der Tiefgaragenmiteigentümer hätte vorliegend allein vor dem Prozessgericht überprüft werden können und müssen; verbindliche Wirkung für die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft konnte m. E. durch diesen Beschluss nicht eintreten; es ging hier nach meinem Sachverhaltsverständnis nicht um im Einzelfall evtl. fehlerhafte, d.h. vereinbarungswidrige Gruppenabstimmungsrechte, sondern um eine interne Willensbildung innerhalb einer Bruchteilsgemeinschaft. Der alte Kostentrennungs-Eigentümerbeschluss wäre aus heutiger Rechtssicht i. Ü. sicher als nichtig zu bezeichnen. Auch das wirtschaftliche Ergebnis der Senatsentscheidung zum Thema der im Gemeinschaftseigentum stehenden Tiefgaragendecke erscheint mir nicht überzeugend. Der entschiedene Fall ist wohl doch etwas problematischer als hier vom Senat unter Hinweis auf die Grundsätze der Jahrhundertentscheidung des BGH (vom 20.09.2000) entschieden.

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