Leitsatz

Nichtige Passage in einer bestandskräftig beschlossenen Hausordnung auf "Verbot der Beförderung von Tieren in beiden Personenaufzügen"

 

Normenkette

§§ 13, 14, 15 WEG

 

Kommentar

  1. Der Klägerin gehörte eine Wohnung im Dachgeschoss des Hauses, erreichbar über einen sich innerhalb der Wohnung öffnenden Aufzug. Beklagte hatten ihre im 2. OG gelegene Wohnung an Mieter vermietet, die einen Hund hielten. In der Gemeinschaft wurde einstimmig eine Hausordnung bestandskräftig beschlossen. Dort war u. a. geregelt, dass "die Beförderung von Tieren in beiden Personenaufzügen des Hauses 1 nicht gestattet sei." Mietvertraglich wurde diese Nutzungseinschränkung nicht weitergegeben; die Mieter der Beklagten benutzen mit ihrem Hund regelmäßig den Aufzug. Nach erfolglosen Abmahnungen beantragte die Klägerin gegen die Beklagten, diese zu verurteilen, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass es ihre Mieter unterlassen, ihren Hund im Personenaufzug zu befördern. Begründet wurde dies insbesondere damit, dass eine Mitklägerin an einer Allergie leide und jeglichen Kontakt auch mit Hundehaaren vermeiden müsse, zumal sie an Toxoplasmose leide und jegliche mögliche Ansteckungsgefahr zu vermeiden hätte.

    Die Beklagten entgegneten, dass die entsprechende Regelung in der Hausordnung eine unzulässige Gebrauchsbeschränkung beider Aufzüge darstelle, zumal alle Tiere (auch solche ohne Fell) angesprochen seien. Die Regelung in der Hausordnung könne auch praktisch nicht umgesetzt werden, zumal sie nicht in der Lage seien, eine solche Einschränkung gegenüber Mietern durchzusetzen, da diese mietvertraglich nicht vereinbart worden sei und auch eine entsprechende mietvertragliche Klausel einer AGB-rechtlichen Überprüfung nicht standgehalten hätte. Weiterhin seien ihre Mieter auf die Nutzung des Aufzugs angewiesen, da der betreffende Hund infolge seines Alters und einer Krankheit nicht mehr selbst über die Treppen in die Wohnung gelangen und wegen seines Gewichts auch nicht getragen werden könne.

  2. Die Verbotsklage der Kläger war als unbegründet zurückzuweisen, da der Beschluss, in beiden Aufzügen keine Tiere befördern zu dürfen, nichtig sei. Beklagte Eigentümer sind hier in der Ausübung ihrer Eigentumsrechte erheblich eingeschränkt, ohne dass sachliche Gründe vorlägen, die den Eingriff im beschlossenen Umfang ausnahmsweise rechtfertigen könnten. Die Regelung stellt auch eine Einschränkung der Vermietung dar. Auch der BGH hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 20.9.2000 (V ZB 58/99) die Rechtsprechung zu Beschlusskompetenzen der Eigentümer deutlich weiterentwickelt, zumal vorliegend die beschlossene Regelung in der Hausordnung nicht nur auf ein Hunde- und Katzenhaltungsverbot beschränkt war, sondern auf alle Tiere, also auch auf solche, von denen kein Schmutz oder andere Beeinträchtigungen für Bewohner ausgingen. Vorliegend wird auch nicht eine Tierhaltung verboten, sondern lediglich die Nutzung des Aufzugs geregelt. Dass auch ein solches Verbot einschneidende Wirkungen auf die Tierhaltung an sich haben kann, ist nicht in Abrede zu stellen. Allerdings ist auch denkbar, dass ein Tierhalter selbst etwa aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, ohne Aufzug in seine Wohnung zu gelangen; er ist dann darauf angewiesen, den Aufzug auch mit seinen Tieren nutzen zu können, immer vorausgesetzt, dass von diesen keine unzumutbaren Störungen für andere Eigentümer oder Hausbewohner ausgehen. Gerade aber solche Differenzierungen wurden in dem gefassten Beschluss zur Hausordnung nicht getroffen.
  3. Eigentümer sind allerdings nicht daran gehindert, auf die besonderen gesundheitlichen Belange der genannten Klägerin und bauliche Besonderheiten des Hauses Rücksicht zu nehmen. Gehen tatsächlich vom Hund der Mieter Gesundheitsgefahren für die Klägerin aus, wird allerdings die Krankheit des Hundes sicherlich nicht stärker zu gewichten sein als Gesundheitsrisiken, die für die Klägerin möglicherweise von Hunde- und Katzenhaaren ausgehen. Durch ein generelles Verbot, den Aufzug überhaupt mit einem Tier zu nutzen, konnte den Interessen der Kläger jedoch nicht wirksam Rechnung getragen werden.
 

Link zur Entscheidung

AG Freiburg i. Br., Urteil vom 18.04.2013, 56 C 2496/12 WEG

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