Leitsatz

Haben einer Veräußerung alle aktuellen Wohnungseigentümer gegenüber dem Notar zugestimmt, ist ein Eigentümerwechsel nach diesem Zeitpunkt unschädlich.

 

Normenkette

WEG § 12 Abs. 1

 

Das Problem

Es ist eine Veräußerungsbeschränkung vereinbart. Zustimmen müssen "die anderen Wohnungseigentümer". Einer Veräußerung stimmen auch alle Wohnungseigentümer zu. Das Grundbuchamt meint indes, die Zustimmung reiche nicht. Denn für die Eigentumsumschreibung sei die Zustimmung der "aktuellen" Wohnungseigentümer vorzulegen. Es fehle somit noch die Zustimmungserklärung von Wohnungseigentümer X, der erst jetzt sein Wohnungseigentum erworben habe. Der Urkundsnotar meint demgegenüber, dass Y nach Erteilung seiner Zustimmung sein Wohnungseigentum an X übertragen habe, sei unerheblich. Gegen diese Sichtweise wendet sich der Veräußerer. Mit Erfolg!

 

Die Entscheidung

  1. Der Bundesgerichtshof (BGH) habe durch Beschluss (BGH, Beschluss v. 29.6.2017, V ZB 144/16) zu § 5, § 6 ErbbauRG entschieden, dass eine Zustimmung zur Verfügung über das Erbbaurecht nicht mehr widerrufen werden könne, nachdem das schuldrechtliche Kausalgeschäft wirksam geworden sei. Der BGH habe dort ausgeführt, dass für den Ausschluss der Widerruflichkeit der Zustimmung nach Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts der Gleichlauf mit § 12 Abs. 1 WEG spreche, zu dem die inzwischen überwiegende Ansicht annehme, dass die Zustimmung zu der Auflassung nicht mehr widerrufen werden könne, sobald die Zustimmung zu dem schuldrechtlichen Kausalgeschäft wirksam geworden sei. Danach sei ein vor Antragstellung beim Grundbuchamt eingetretener Eigentumswechsel angesichts einer durch die zuvor bereits zugegangenen Zustimmungserklärungen eingetretenen Wirksamkeit der Veräußerung unschädlich.
  2. Ob die Wohnungseigentümer ihre Zustimmung bis zu dem in § 878 BGB bestimmten Zeitpunkt noch hätten widerrufen können, bedürfe keiner Entscheidung. Für einen solchen Widerruf sei nichts ersichtlich. Wie der BGH zur Verwalterzustimmung ausgesprochen habe, habe das Grundbuchamt im Übrigen nach dem ihm unterbreiteten Sachverhalt zu entscheiden; es sei nicht berechtigt, von sich aus von Amts wegen Ermittlungen zur Erteilung oder Versagung der Zustimmung anzustellen.
  3. Im Fall hätten die Wohnungseigentümer zwar keinen Genehmigungsbeschluss gefasst mit der Folge einer Bindungswirkung gemäß § 10 Abs. 4 WEG. Dafür hätten aber sämtliche im Zeitpunkt des Zugangs der Zustimmungserklärungen bei dem zum Empfang namens der Urkundsbeteiligten bevollmächtigten Notar als Eigentümer im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer der Veräußerung zugestimmt. Dies sei in der Form des § 29 GBO nachgewiesen.
 

Kommentar

Anmerkung

Es handelt sich mittlerweile – zu schnell vergeht manchmal die Zeit – um einen "Altfall". Das OLG konnte nicht ahnen, dass der BGH die Fragen für die Praxis alsbald entscheiden würde. Mittlerweile steht jedenfalls fest, dass das OLG im Fall richtig liegt. Denn der BGH hat im Dezember 2018 geurteilt, eine erteilte Zustimmung werde unwiderruflich, sobald die schuldrechtliche Vereinbarung über die Veräußerung wirksam geworden ist (BGH, Beschluss v. 6.12.2018, V ZB 134/17).

Was ist für den Verwalter wichtig?

  1. Eine nach § 12 Abs. 1 WEG notwendige Zustimmung darf nur aus einem wichtigem Grund versagt werden, § 12 Abs. 2 Satz 1 WEG (BGH, Urteil v. 13.5.2011, V ZR 166/10, NJW-RR 2011 S. 1453 Rn. 5). Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn der Erwerbsinteressent finanziell oder persönlich unzuverlässig ist (siehe u.a. BGH, Beschluss v. 11.10.2012, V ZB 2/12, NJW 2013 S. 299 Rn. 13; BGH, Urteil v. 27.4.2012, V ZR 211/11, NJW 2012 S. 2434 Rn. 11).
  2. Der Verwalter hat die Zustimmung zu erteilen, wenn in der Person des Käufers kein wichtiger Grund vorliegt. Für diese Prüfung müssen der Veräußerer und der Verwalter zusammenwirken. In der Regel bittet der den Kaufvertrag beurkundende Notar den Verwalter um Zustimmung. Dabei müsste eigentlich der Notar oder der Veräußerer dem Verwalter das für die Zustimmung notwendige Wissen vermitteln. Ein professionell handelnder Verwalter sollte dennoch auch von sich aus versuchen, die notwendigen Informationen gegebenenfalls selbst zu beschaffen. Jedenfalls sollte der Verwalter darauf hinwirken, dass ihm der Veräußerer Auskünfte erteilt. Dem Verwalter sind jedenfalls solche Nachforschungen zumutbar, die unter Einschaltung des Veräußerers zeitnah und ohne größeren Kostenaufwand eine hinreichende Schlussfolgerung auf die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Käufers zulassen. Häufig wird der Verwalter im Verwaltervertrag im Übrigen auch versprochen haben, vor Erteilung einer Zustimmung, eine sorgfältige Prüfung vorzunehmen und Informationen einzuholen.
  3. Um an Informationen "heranzukommen", darf und muss der Verwalter in der Regel vor allem an den Veräußerer persönlich herantreten. Der veräußernde Wohnungseigentümer ist nach der Rechtsprechung verpflichtet, dem Verwalter jede ihm mögliche Information über den Käufer zu erteilen (OLG Hamburg, Beschluss v. 28.7.2004, 2 Wx 92/98, ...

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