Rz. 450

Mit dem Gesetz zur Förderung des Ehrenamts hat der Gesetzgeber zum 29.3.2013 ein Verfahren zur Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Steuerbefreiungen eingeführt (§ 60a AO n. F.). Die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach §§ 51, 59, 60 und 61 wird nunmehr gesondert festgestellt. Die Feststellung ist für die Besteuerung der Körperschaft und der Steuerpflichtigen, die eine Zuwendung (Spenden und Mitgliedsbeiträge) an die Körperschaft erbringen, bindend. Diese Feststellung löst das bisherige Verfahren der vorläufigen Bescheinigung ab. Da die Entscheidung einen Verwaltungsakt darstellt, sind die Rechtsschutzmöglichkeiten der Körperschaften, deren Antrag nicht entsprochen wurde, deutlich verbessert.[656] Ein weiterer Vorteil gegenüber dem bisherigen Verfahren ist, dass die Entscheidung für alle Steuerarten einheitlich getroffen wird. Da auf Antrag auch außerhalb des Veranlagungsverfahrens auf Antrag der Stiftung ein Feststellungsverfahren durchzuführen ist, hat die Körperschaft – etwa nach einer erfolgten Satzungsänderung – die Möglichkeit, feststellen zu lassen, dass ihre Satzung den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen genügt.

 

Rz. 451

Dem Antrag auf Feststellung sind die Satzung und das Stiftungsgeschäft mit Anerkennungsvermerk beizufügen, im Fall einer Stiftungs-GmbH oder eines Stiftungs-Vereins der Handels- bzw. Vereinsregisterauszug.

Im Falle einer letztwillig errichteten Stiftung muss bereits zum Todeszeitpunkt des Stifters eine steuerlich anerkennungsfähige Satzung vorliegen, damit der Stiftung von Anfang an die Steuererleichterungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sowie die Erbschaftsteuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 16 lit. b) ErbStG gewährt werden können. Allein die bindende Beauftragung eines Testamentsvollstrecker mit der Erstellung einer Satzung reicht mit Blick auf die §§ 59, 60 Abs. 2 AO, wonach die formelle Satzungsmäßigkeit während des gesamten Veranlagungszeitraums gegeben sein muss, nicht aus.[657]

 

Rz. 452

Für ausländische Körperschaften wird es mit dem neuen Verfahren erstmals die Möglichkeit geben, ihren deutschen Spendern hinsichtlich der Abzugsfähigkeit einer Auslandsspende Rechtssicherheit zu geben, indem sie ihre Satzungen überprüfen lassen. Ausländische Körperschaften ohne inländische Einkünfte und ohne Aktivitäten im Inland, dürfen sich mangels einer Zuständigkeitsregelung in § 20 AO an das Bundeszentralamt für Steuern wenden können, das ein örtlich zuständiges Finanzamt bestimmt (§ 5 Abs. 1 Nr. 7 FVG).[658]

 

Rz. 453

Aus der vorläufigen Bescheinigung der Gemeinnützigkeit bzw. aus dem Feststellungsbescheid über das Vorliegen der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit kann kein Anspruch auf eine abschließende Freistellung im Veranlagungsverfahren hergeleitet werden.[659] Ob die Körperschaft wegen der Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke von der Körperschaftsteuer befreit ist, wird ohne Bindung an die zuvor erteilte vorläufige Bescheinigung bzw. den Feststellungsbescheid allein im Körperschaftsteuerveranlagungsverfahren bzw. in einem etwaigen sich anschließenden Klageverfahren entschieden.

 

Rz. 454

Allerdings räumte die Finanzverwaltung bereits bisher für geprüfte Satzungen und hierauf basierenden vorläufigen Bescheinigungen Vertrauensschutz ein.[660] So begründete auch die lediglich vorläufige Bescheinigung über den Status als steuerbegünstigte Körperschaft ein schutzwürdiges Vertrauen. Stellte die Finanzverwaltung nach Erteilung einer entsprechenden Bescheinigung bei einer Überprüfung fest, dass die formelle Satzungsmäßigkeit nicht vorliegt, durfte sie hieran zumindest für die Vergangenheit keine nachteiligen Konsequenzen knüpfen.

Nach neuer Rechtslage ergibt sich Vertrauensschutz daraus, dass materielle Fehler der Festsetzung erst mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung der Feststellung folgenden Kalenderjahr beseitigt werden können, wobei die Vertrauensschutzvorschrift des § 176 AO grundsätzlich anzuwenden ist (§ 60a Abs. 5 AO n. F.).

 
Hinweis

Beschränkte Wirkung der Feststellung

Die Bindungswirkung erstreckt sich nur auf die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit und nicht auch auf die tatsächliche Geschäftsführung.[661] Daher könnte wohl das Umsatzsteuerfinanzamt die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes mit dem Argument verweigern, ein Feststellungsbescheid hinsichtlich der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit sowie ein Freistellungsbescheid lägen zwar vor, aber die betreffende Körperschaft habe im Zeitpunkt der Leistung nicht die tatsächlichen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllt.

 

Rz. 455

Darüber hinaus kann sich Vertrauensschutz insbesondere aus einer verbindlichen Auskunft (§ 89 Abs. 2 AO) der zuständigen Finanzbehörde ergeben. Verbindliche Auskünfte sind grundsätzlich möglich, jedoch dürfen sie nicht dem Regelungsgehalt der vorläufigen Bescheinigung bzw. dem Feststellungsbescheid vorgreifen.[662]

 
Hinweis

Erteilung verbindlicher Auskünfte vor Aufnahme der Stiftungstät...

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