Grundsätzlich unterliegen alle Ansprüche einer Verjährung, somit auch der Urlaubsanspruch. Für ihn spielt die Verjährung bislang aber keinerlei Rolle: Weit vor Ablauf jeder gesetzlich vorgesehenen Verjährungsfrist erlischt ein Urlaubsanspruch – entweder sofort mit Ende des Kalenderjahres, für den der Urlaubsanspruch entstanden war, oder mit Ablauf des 3-monatigen Übertragungszeitraums bzw. mit Ablauf des – z. B. vertraglich oder tarifvertraglich – vereinbarten Übertragungszeitraums.

Mit der Modifikation der gesetzlichen Urlaubsregelung durch die Urteile von EuGH und BAG kann nunmehr die Urlaubsverjährung eine Rolle spielen, und zwar dann, wenn der Urlaub mangels Arbeitgeberhinweis nicht zu den gesetzlich vorgesehenen Stichtagen erlischt. Das BAG hat sich noch nicht dazu erklärt, ob und wenn ja innerhalb welcher Frist ein Urlaubsanspruch geltend zu machen ist. In einem konkreten Streitfall musste das BAG klären, ob lang zurückliegende Urlaubsansprüche verjähren und hat ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet.[1] Der Urlaub mehrerer Jahre war nicht verfallen, da die Arbeitgeberin einen entsprechenden Hinweis an die Mitarbeiterin unterlassen hatte. Die Vorinstanz, das LAG Düsseldorf, verurteilte die Arbeitgeberin zur Abgeltung von 76 Urlaubstagen.

Am 22.9.2022 hat der EuGH die Vorabentscheidung getroffen.[2] Demnach kommt eine Verjährung von Urlaubsansprüchen nach einer nationalen Regelung nicht in Betracht, wenn der Arbeitgeber seine Hinweispflichten im Hinblick auf den Verfall des Urlaubs noch nicht erfüllt hat. Eine mögliche Verjährung beginnt erst dann, wenn der betreffende Mitarbeiter "Kenntnis" von seinem Anspruch hat. Von dieser Kenntnis wiederum kann erst dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht im Hinblick auf den Verfall des Urlaubs nachgekommen ist. Damit beginnt nach Auffassung des EuGH eine mögliche Verjährung von Urlaubsansprüchen nicht bereits mit Ablauf des Jahres, in dem der Urlaub entstanden ist. Vielmehr kann eine Verjährung erst mit Ablauf des Jahres einsetzen, in dem der Arbeitgeber den Mitarbeiter auf seinen Urlaub und das mögliche Erlöschen hingewiesen hat.

Das BAG setzt diese Vorgaben des EuGH in seiner Entscheidung um und betont nochmals, dass Urlaub grundsätzlich der Verjährung unterliegt. Allerdings beginne die 3-jährige Verjährungsfrist erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.[3]

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