Zusammenfassung

Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der die Aufrechnung nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen erfolgen darf, ist gegenüber einem Verbraucher unwirksam, welchem ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zusteht.

Der Hintergrund

Die Beklagte ist eine Sparkasse, die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter anderem die folgende Klausel verwendet:

"Der Kunde darf Forderungen gegen die Sparkasse nur insoweit aufrechnen, als seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind."

Gegen diese Klausel wandte sich der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, und begehrte die Unterlassung der weiteren Verwendung dieser Klausel durch die Beklagte. Nachdem der Kläger in erster Instanz obsiegt hatte und in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht unterlag, entschied zuletzt der BGH in seinem Urteil vom 20.03.2018 über die Wirksamkeit der Aufrechnungsklausel.

Urteil des BGH vom 20.03.2018 (XI ZR 309/16)

Der BGH gab dem Kläger Recht. Er entschied, dass die von der Beklagten verwendete Klausel, soweit sie bei Bankgeschäften mit Verbrauchern verwendet wird, gegen das Verbot der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 BGB verstößt.

Der BGH begründete seine Entscheidung mit der Regelung in § 355 BGB. Danach sind im Falle eines Widerrufs nach § 355 BGB (z.B. bei Verbraucherdarlehen) die empfangenen Leistungen unverzüglich zurück zu gewähren. Hiervon dürfe nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden.

Vorliegend sei aber von einer unzulässigen Abweichung auszugehen: Die Zulassung der Aufrechnung nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen des Verbrauchers erfasse zu Lasten des Verbrauchers auch die Rückabwicklungsansprüche nach dem Widerruf des Vertrags. Der Verbraucher werde dadurch unzulässig in der Rückabwicklung des Vertrags nach Erklärung des Widerrufs beschränkt, weil er seine Rückgewähransprüche der Bank nur entgegenhalten könne, wenn sie unbestritten oder rechtskräftig festgestellt wären. Dies sei unzulässig.

Die Auswirkungen des Urteils des BGH

Bei der streitgegenständlichen Klausel zur Beschränkung der Aufrechnung auf unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen handelt es sich um eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sehr häufig verwendete Regelung. Dementsprechend hoch ist die Relevanz der jüngsten BGH-Entscheidung zur Unwirksamkeit solcher Klauseln. Zum einen müssen nun Banken ihre gegenüber Verbrauchern verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen ändern, wenn diese eine solche Aufrechnungsbeschränkung enthalten.

Darüber hinaus gilt das Urteil des BGH aber auch für die sonstigen Fälle, in denen einem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zusteht (z.B. bei Fernabsatzverträgen oder Haustürgeschäften). Legt man die Argumentation des BGH zugrunde, darf auch in diesen Konstellationen das Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht durch die Aufrechnungsbeschränkung beeinträchtigt werden und ist eine Klausel wie im vom BGH entschiedenen Fall wegen des Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam.

Eine Anpassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird in diesen Fällen sinnvoll sein. Dabei sollten Rückabwicklungsansprüche nach Widerruf des Vertrags von der Aufrechnungsbeschränkung auf unbestrittene und rechtskräftige Forderungen ausgenommen werden. Die Rückabwicklungsansprüche nach Widerruf des Vertrags könnte der Verbraucher dann im Wege der Aufrechnung uneingeschränkt den Ansprüchen seines Vertragspartners (der Bank, dem Internethändler usw.) entgegenhalten. Nur sonstige Ansprüche des Verbrauchers (z.B. aus anderen Vertragsverhältnissen mit dem Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen) würden dann noch der Aufrechnungsbeschränkung unterliegen.

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